Name der Zeitschrift: Nietzsche-Studien Jahrgang: 45 Heft: 1 Seiten: 189-219.

Die Auseinandersetzung um die Problematik des Suizids ist üblicherweise an den Kategorien von Recht und Unrecht orientiert. Ausgehend von Spinozas Ontologie der Macht, die Selbsttötung als unmöglich ausschließt, wird die Debatte hier in die Frage nach einem ursprünglichen Können der Negation der Selbsterhaltung verschoben. Dies erlaubt, sowohl den Zwiespalt der Medizin zwischen Autonomie oder Pathologie der suizidalen Handlung als auch das exemplarische Suizidverbot bei Kant und Hegel kritisch zu durchleuchten und die moralische Konfliktdimension der Selbsttötung am Ende einer neuen Einschätzung (...) zuzuführen. (shrink)

Fokus eines Kriegseinsatzes und Fluchtpunkt des Preußischen Staatsrats Schmitt und seiner Lebens-, Zeit-, Rechts- und Ideengeschichte. Korrumpiert und verstoßen, widerstrebend und vereinnahmt ging das "Chamäleon" Carl Schmitt im Dritten Reich seinen eigenen Weg. Die europäische Zeit- und Rechtsgeschichte spiegelt sich exemplarisch im Werden und Wirken des "Kronjuristen des Dritten Reiches", und heute sind die Ideen dieses Staatsrechtsvordenkers und Großraumvisionärs wieder brennend aktuell.

Das Buch etabliert, vor dem Hintergrund einer Darstellung der herkömmlichen Begriffe und Vorstellungen, eine - als phänomenologisch bezeichnete - Konzeption des Lebens als Erleben und des Todes als Nichterleben und entwickelt und exemplifiziert auf dieser Grundlage eine Erweiterung einerseits des Konzepts des Lebens und andererseits des Konzepts des Todes, des letzteren in Form von phänomenologischem Tod innerhalb des biologischen Lebens und des ersteren in Form von - allerdings nur sekundärem - phänomenologischem Leben vor dem biologischen. Flucht- und Zielpunkt des (...) Buches aber ist die Entwicklung einer - auf die Erkenntnis der Janusköpfigkeit von Leben und Tod gegründeten - Konzeption von biologischem Leben nach dem biologischen Tod, einer Konzeption von Wiedergeburt und Folgeleben unter Beibehaltung nur des innersten Kerns unseres Ichbewußtseins. (shrink)

Drei wichtige Manuskripte aus dem Nachlass von Richard Schaeffler - er lebte von 1926 bis 2019 - versammelt dieses Buch, ergänzt um eine Reflexion zur Theodizee und vier Beiträgen des Herausgebers über Leben und Werk des bedeutenden Philosophen. Die bisher unbekannten, autobiographisch geprägten Texte Schaefflers, die er kurz vor seinem Tod dem Herausgeber für eine spätere Veröffentlichung überließ, erscheinen hier erstmals. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass Denken und Leben bei Schaeffler zu einer Einheit verschmelzen: Durch Lebenserfahrung angestoßen, (...) eröffnet uns das Denken die Möglichkeit einer Versöhnung mit der eigenen Lebensgeschichte. Das gilt in besonderer Weise für die Erfahrung von Leid, die Schaefflers Leben vor allem in der Jugend - als Halbjude in der Zeit des Nationalsozialismus - und im Alter - angesichts von Krankheit und Siechtum - prägte. Wie kann Philosophie mit Leiden und Endlichkeit umgehen, ohne der Verzweiflung zu verfallen? Dem Leser gibt Schaeffler Zeugnis von seiner Selbstverständigung als Wissenschaftler: dass nämlich Philosophie nur dort ihren Namen verdient, wo sie nicht in der weltentrückten Beschaulichkeit eines Gelehrtenzimmers betrieben wird, sondern - als Lebensform eingeübt und erprobt - ihren Ausgang nimmt in den eigenen (Leid-) Erfahrungen - der Erfahrung bedrängender menschlicher Endlichkeit. Das Leben ist der Prüfstein des Denkens. Der Herausgeber Christoph Böhr ist ao. Professor für Philosophie an der Hochschule Heiligenkreuz/Wien und leitet dort die Forschungsstelle für Metaphysik. (shrink)

Ein sicheres Kriterium für den menschlichen Tod gibt es nicht. Die neu entfachte Diskussion über den Hirntod zeigt, dass allein aus einem medizinisch-naturwissenschaftlichen Verständnis heraus keine angemessene Bestimmung des Todes zu gewinnen ist. Die Beiträge des Bandes verdeutlichen: Um den Tod begrifflich angemessen zu fassen, muss die personale Dimension des menschlichen Lebens berücksichtigt werden.

While a narratological reading of the Gospels is relatively well accepted, their characterisation as parts of the genre of ancient biography was much antagonised in former times. Although things have changed thanks to seminal monographs on the problem from the second half of the 20th century and to continuing work, some questions remain open. Therefore, a narratological comparison of Gospels with concrete representatives of the ancient bios could possibly help to clarify the relations between both. In what follows, the oldest (...) Gospel is read simultaneously with Plutarch’s Biography of the Younger Cato. Three observations are made: a) The structures of the narratives of Cato and of Jesus match to a high degree. Both protagonists carry out certain duties while operating in public. In most instances, they achieve great successes. From a certain point on, however, they irrevocably approach failure and ruin. This structure of story seems to form the basis both of the Gospel and of the biography of Cato, written ca. three decades later. b) Obviously, both works narrate the life of a man, his exceptional character, his extraordinary operations in public and his non-natural violent dead. In Plutarch’s version, the Younger Cato fails in the end. At first sight, also Mark’s Jesus fails to accomplish his mission. By God’s action he is turned into the saviour of the faithful however. This claimed unsurpassed relevance of the story is contrasted with the laconism of the narration. c) Both narrations are composed out of both factual and fictional elements. Thus, readers cannot separate both elements precisely in every instance. Both stories are imagined worlds designed for the in narratology so called game of fiction. As can be learned in Plutarch, authors of stories like the Life of Cato or the Gospel of Mark guarantee a certain sense of responsibility in their work. Summed up, the narratological comparison has illustrated both the close affinity and the individual specifications of both narratives. It thus helps to clarify the position- fixing of the Early Christian literature within its Graeco-Roman context. (shrink)

Das Wissen um unsere Vergänglichkeit hat ­einen eigenartigen Unterton. Im Unbewussten, so Freud, verhalten wir uns, als gäbe es unseren eigenen Tod nicht. Die unbewussten Wünsche sind zeitlos und unsterblich. Eine Konsequenz davon ist, dass bei Freud das psychoanalytische Nachdenken über den Tod mit dem Kastrationskonzept zusammenrückt. Der Autor schlägt eine Relektüre dieses Konzepts vor, die weiterführende Überlegungen zu unseren Vorstellungen von Tod und Jenseits anzustellen erlaubt. Auch wird dargelegt, dass gerade aufgrund der Zeitlosigkeit des Unbewussten der Tod im (...) class='Hi'>Leben ins Spiel kommen kann: Nicht als antizipiertes Wissen, sondern als Opfergabe, als Verzicht auf Leben zugunsten einer antizipierten jenseitigen Unvergänglichkeit. (shrink)

During the last thirty years, both the mechanism and the vitalism has undergone remarkable changes. While the former, persisting in the strictly mechanistic thesis, has grown independent of its ancient antiteleological attitude, the latter, overcome as the doctrine of “entelechy”, has turned out fruitful owing to its other component, i.e. to the idea of autonomy of life. To-day, then, the contention takes place between two totally different points of view, between “machinism” and “autonomism”. Both interpretations of life are equally theories, (...) and not descriptions of pure facts; both are, also, metaphysical thesis.Le mécanisme ainsi que le vitalisme a subi des changements remarquables pendant les trente années dernières. Alors que le premier, tout en restant fidèle à la thèse strictement „mécaniste”, est devenu indépendant de son attitude antifinaliste d'autrefois, le vitalisme, surmonté en tant que la doctrine sur l'entélechie, s'est montré fructueux par son autre composante, c'est-à-dire, par l'idée de l'autonomie de la vie. Ainsi, c'est le „machinisme” et l'„autonomisme”, revÊtu du holisme, qui sont en dispute aujourd'hui. Toutes les deux interprétations de la vie sont également des théories, et non pas des pures descriptions de faits; elles sont aussi, toutes deux des thèses métaphysiques. (shrink)

Das Konzept personaler Identiät leidet in gegenwärtigen Debatten unter vielfältigen Überforderungen. Durch einen differenzierten Ansatz, in dem zwischen menschlicher Persistenz und Persönlichkeit unterschieden wird, lässt sich dies abstellen. Auf diese Weise gelingt es, die dem Begriff der Person zukommende Begründungsfunktion für die biomedizinische Ethik freizulegen. Nur so lässt sich die zentrale Rolle des personalen Lebens bewahren in einer Ethik, für die eine pluralistische Gesellschaft angemessen ist.

Die neu gegründete Reihe Paracelsus Studien bietet ein wissenschaftliches Forum für interdisziplinäre Forschungen, die sich kultur- und wissenschaftshistorisch Modellen eines ganzheitlichen Weltbildes widmen und den Dialog zwischen den Disziplinen anregen. Der frühneuzeitliche Alchemist, Mystiker, Theologe und Philosoph Paracelsus (1493-1541) dient hierfür als Leitfigur und Vorbild. Als eröffnender Sammelband fokussiert Mystik und Natur Epochen und Persönlichkeiten der Geistesgeschichte von der Spätantike bis in die Gegenwart, die sich der Integration von Spiritualität und Wissenschaft widmeten: Hildegard von Bingen, Jakob Böhme, Emanuel Swedenborg, Josef (...) Goerres und Johann Wolfgang von Goethe stehen ebenso im Mittelpunkt der Untersuchungen wie gegenwärtige ganzheitliche Ansätze und ihre historischen Bezüge. (shrink)