Den Geist zur Sprache bringen. Erkenntnistheoretische, anthropologische und ethische Aspekte des psychotherapeutischen Gesprächs

In S. Bechmann (ed.), Sprache und Medizin. Interdisziplinäre Beiträge zu medizinischer Sprache und Kommunikation. Tübingen, Deutschland: pp. 321–348 (2017)
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Abstract

In der Psychotherapie kommt dem Patientengespräch eine besondere Bedeutung zu, weil es nicht nur die medizinische Intervention vorbereitet und begleitet, sondern selbst Instrument der Behandlung ist. Zugleich zielt die Therapie auf das, was aufs Engste mit der Persönlichkeit und Identität eines Individuums zusammenhängt: den Geist einer Person. Neben spezifischen ethischen Problemen, die sich damit offensichtlich für die psychotherapeutische Praxis ergeben, stellen sich auch grundlegende anthropologische Fragen danach, was sprachliches Geistheilen zuallererst möglich macht, Fragen nach der Natur des Geistes und seinem Verhältnis zur Sprache. Beiden Aspekten möchte ich mich in diesem Beitrag aus einer erkenntnistheoretischen Perspektive nähern. Dabei gehe ich von der Feststellung aus, dass das Kernelement jeder Psychotherapie ein Vorgang des Erklärens ist, der im Wesentlichen nach den Mustern der Alltagspsychologie verfährt. Ich möchte versuchen zu zeigen, dass sich diese Art des Erklärens wesentlich von der Art der Erklärungen unterscheidet, die in anderen medizinischen Kontexten zum Einsatz kommen. In ihrem Zentrum steht die konzeptionelle Beziehung zwischen mentalen Zuständen und dem, was Individuen in ihrem Verhalten – insbesondere sprachlich – zum Ausdruck bringen können. Es wird gezeigt, wie der Psychotherapeut durch das Aufzeigen sprachlicher Artikulations- und (Um-)Deutungsmöglichkeiten einem Betroffenen helfen kann, als problematisch erlebte Situationen anders wahrzunehmen, neu zu bewerten und besser mit ihnen umzugehen. Die Perspektive des Therapeuten ist dabei nicht die des unbeteiligten Beobachters, sondern die eines mit dem Patienten in einer gemeinsamen Lebensform verbundenen Co-Subjekts. Psychotherapie lässt sich daher nicht nach Kriterien theoretischer Adäquatheit beurteilen, sondern allenfalls ethisch hinterfragen.

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