Abstract
Aus mehr als einem Grund ist Biodiversität für die Umweltethik ein hard case. Es ist schwierig, Biodiversität zu definieren und darauf aufbauend zu begründen, warum Biodiversität ein Wert ist und warum es uns ein Anliegen sein sollte, sie zu schützen und zu erhalten. Ein weiteres Problem, das mit Biodiversität als Wertbegriff einhergeht, ist das sogenannte „Substitutionsproblem“. Es besteht darin, dass im Prinzip jede natürliche Entität durch eine andere ersetzt werden kann, so lange sie dieselben Werteigenschaften aufweist. Wie und zu welchem theoretischen Preis lassen sich nun Intuitionen verteidigen, die der ökologischen Ersetzbarkeit widersprechen? Ist Substitution grundsätzlich problematisch oder nur unter besonderen Bedingungen? Gibt es Werte, die, prinzipiell oder faktisch, einen Ersatz ausschließen? Und wie überzeugend sind diese Werte im Kontext des Biodiversitätsschutzes? Meine Schlussfolgerung ist, dass keiner der Werte, die Substitution einschränken, unmittelbar zu den wesentlichen Wert- Dimensionen von Biodiversität beiträgt, sodass sogar im Rahmen eines streng verstandenen Biodiversitätsschutzes (zumindest prinzipiell) breiter Spielraum für anthropogene Ersetzungen besteht.