Zur Eingrenzbarkeit des Problems der Nicht-Identität

Zeitschrift für Praktische Philosophie 10 (1) (2023)
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Abstract

Das Problem der Nicht-Identität ist eines der zentralen Probleme der gegenwärtigen Philosophie. Es ergibt sich, wenn versucht wird, das Wohl künftig lebender, das heißt gegenwärtig (noch) nicht existierender Individuen in den Bereich moralischer Berücksichtigung zu holen. Obwohl seine Brisanz für Fragen der Metaethik, aber auch der Zukunfts- oder Umweltethik sowie der Ethik der Reproduktionsmedizin offenkundig ist, und die Debatte darüber seit Derek Parfits Diskussion des Problems in seinem Werk Reasons and Persons von 1984 bis heute nicht an Fahrt und Hitzigkeit verloren hat, gilt es noch immer als ungelöst. Auch dieser Artikel soll einen Beitrag zur Suche nach der Lösung des Problems der Nicht-Identität leisten, nicht aber, indem ein weiterer Lösungsvorschlag unterbreitet wird, sondern indem gezeigt wird, dass es sich in weniger Fällen ergibt als in der Literatur suggeriert wird. Es soll gezeigt werden, dass viele der in der Literatur diskutierten, vermeintlichen Nicht-Identitäts-Fälle „schon jetzt“, das heißt ohne die seit Parfits Diskussion des Problems gesuchte „Theory X“, welche die lang ersehnte Lösung verspricht, gefunden zu haben, lösbar sind, weil es sich bei diesen überhaupt nicht um genuine Nicht-Identitäts-Fälle handelt. Hierzu erfolgt nach einer kurzen Erläuterung des Problems zunächst eine Darstellung und Analyse einiger „klassischer“ Nicht-Identitäts-Fälle. Anschließend wird in zwei Schritten für eine neuartige Einschränkung des Problembereichs des Nicht-Identitäts-Arguments – also des Arguments, das letztlich zum Problem der Nicht-Identität führt – argumentiert. Die Einführung dieser Einschränkung beziehungsweise Fallunterscheidung bringt für die weiterfolgende Debatte zwei methodologisch wichtige Erkenntnisse mit sich: Nicht nur kann das Problemfeld des Nicht-Identitäts-Arguments deutlich eingegrenzt werden. Auch der Anwendungsbereich des gesuchten Prinzips, welches das Problem der Nicht-Identität zu lösen vermag, fällt kleiner aus als gemeinhin angenommen wird. Dies mag zwar dort, wo sich das Problem der Nicht-Identität wirklich ergibt, nichts von seiner Brisanz nehmen. Doch hilft es, allzu häufigen Verweisen auf das Nicht-Identitäts-Argument Einhalt zu gebieten, und sich bei der Suche nach einer Lösung fortan auf genuine Problemfälle zu konzentrieren.

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