Abstract
Die Verwendung von Fallbeispielen, sowohl in didaktisch-illustrativer als auch in systematisch-argumentativer Absicht, ist in der Angewandten Ethik eine weitverbreitete Praxis. Die Inanspruchnahme erfolgt jedoch vielfach ohne eine angemessene Reflexion über die Voraussetzungen und Grenzen des Einsatzes von Fallbeispielen als methodischem Werkzeug innerhalb der Ethik. Im vorliegenden Beitrag soll daher der Rekurs auf konkrete – reale oder fiktive – Handlungsszenarien kritisch untersucht werden. Wichtige Hinweise werden dabei der Philosophie Kants entnommen, der selbst in seinen moralphilosophischen Schriften gelegentlich Beispiele verwendet, der aber zugleich auch die grundlegende Bedeutung sowie die methodologischen Grenzen des Einsatzes von Beispielen an verschiedenen Stellen thematisiert hat. Vor dem Hintergrund dieser Analyse muss insbesondere die Meinung, Ethik lasse sich rein in concreto vermitteln, entwickeln oder könne gar in die Zusammenstellung von Fallsammlungen aufgelöst werden, zurückgewiesen werden