Abstract
In diesem Beitrag wird die These vertreten, dass dem Gesellschaftsvertrag im neuzeitlichen Kontraktualismus von Hobbes bis Fichte nicht nur die Aufgabe der Gewährung von Schutz und die Sicherung individueller Freiheit zugesprochen wird, sondern dass an den Staat als Verkörperung des Gemeinwillens durchaus auch sozialpolitische Aufgaben delegiert werden. Der Kontraktualismus eröffnet eine Auffassung von Sozialstaatlichkeit, die nicht an einen substantiellen Begriff von Wohlstand gebunden ist, sondern an die per Vertrag verbindlich gemachte Grundidee der Verpflichtung der Gemeinschaft zur Hilfeleistung bzw. zur Bereitstellung der Bedingungen der Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum und des Rechtes des Einzelnen gegenüber dem Staatswesen auf Unterstützung. Dabei ist die Einsicht gewachsen, dass die rechtsstaatliche Gewährleistung formaler Freiheit und Gleichheit nicht automatisch auch für alle die realen Möglichkeiten zur aktiven Teilnahme an der Gesellschaft beinhaltet, sondern dass diese Teilnahme von politisch herzustellenden ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen abhängig ist. Schon im neuzeitlichen Kontraktualismus ist der Grund gelegt worden, den Rechtsstaat immer auch als Sozialstaat zu verstehen.