Person, Recht und Natur

Zeitschrift für Praktische Philosophie 8 (1) (2021)
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Abstract

Zusammenfassung: Bis zu welchem Grad ist eine mit dem Lebens- und Gesundheitsschutz begründete Einschränkung von Grundrechten und des gesellschaftlichen Lebens, wie bei der gegenwärtigen Covid-19-Pandemie, aus ethischer und rechtsphilosophischer Sicht legitim? Ethik und Recht und nicht die Medizin sind es, die in diesen Fragen letztlich den normativen Orientierungsrahmen geben müssen – was nicht ausschließt, dass auch medizinische Argumente bei der Deliberation eine wichtige Rolle spielen. Es stellen sich deshalb Fragen nach diesem normativen Orientierungsrahmen und danach, wie die Berufung auf das „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ und eine davon abgeleitete staatliche Aufgabe des Lebensschutzes gegenüber diesem einzuordnen sind. Hierfür ist zunächst auf die Begriffe der „Person“ und der „Menschenwürde“ einzugehen, wobei ich mich insbesondere an Kant orientiere. Es stellen sich hierbei Fragen sowohl nach dem Recht als auch nach dem Verhältnis der menschlichen Person zur Natur bzw. zum Leben. Hier ist dann über Kants Dualismus hinaus zu einer in zweifacher Hinsicht stärker „integrativen“ Perspektive überzugehen, die den Menschen als personal-leibliche Einheit bzw. als personales Naturwesen begreift und auch methodisch eine Vielfalt relevanter Perspektiven einbezieht und von der her sich auch Konsequenzen für das Verhältnis zu Viren und für den Begriff der Gesundheit ergeben. Die hiermit angesprochenen naturphilosophischen und anthropologischen Aspekte sind dennoch zugleich vor dem Hintergrund Kants normativ einzubinden. Als absoluter Selbstzweck können dabei nicht das Leben und die Gesundheit gelten, sondern nur die menschliche Würde. Vor diesem Hintergrund betrachte ich einige zentrale Argumente der gesellschaftlichen und juristischen Debatten, die im Zuge des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 geführt wurden, speziell zum Verhältnis von Würde und Leben und zur Verhältnismäßigkeitsprüfung in Bezug auf die Einschränkung von Grundrechten. Dass es hierbei eines differen-zierten Umgangs mit verschiedenen Gruppen von Betroffenen bedarf, zeige ich an den Beispielen von Senior:innen in Pflegeheimen sowie Kindern und Jugendlichen. Als Ergebnis halte ich fest: Der Schutz des Lebens ist der Würde des Einzelnen im Zweifel unterzuordnen; es bedarf einer integrativen Perspektive und eines differenzierten Vorgehens, das verschiedene Personengruppen auch hinsichtlich ihrer jeweiligen besonderen Situation entsprechend berücksichtigt

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