De leidende grondgedachten Van het moderne a-godsdienstige humanisme en hun onderlinge samenhang

Tijdschrift Voor Filosofie 21 (4):615-680 (1959)
  Copy   BIBTEX

Abstract

Jede Philosophie, um so mehr aber jede Lebensüberzeugung oder Lebensphilosophie, wird gekennzeichnet durch einige Fundamentalauffassungen, die für den Betreffenden so offenbar und von so grosser Bedeutung sind, dass er dadurch nicht nur im täglichem Leben, sondern auch bei jeder weiteren Reflexion auf die Wirklichkeit geleitet und beherrscht wird. Vorliegender Aufsatz soll die Grundauffassungen des heutigen nicht-theïstischen Humanismus auseinandersetzen und die Grundintuitionen darlegen, wodurch diese Lebens-und Weltüberzeugung geführt und beherrscht wird. In dieser Darlegung wollen wir uns aber beschränken auf den nicht-theïstischen Humanismus, wie er schon seit Jahr und Tag in der niederländischen Gesellschaft « Het Humanistisch Verbond » und in dem internationalen Humanistenverband, den I H E U Inhalt, Form und Gestalt annimmt. Dieser Aufsatz besteht aus zwei Abschnitten. Der erste behandelt die humanistischen Grundgedanken hinsichtlich der eigenen Ueberzeugung, formell als solche und an sich genommen. Der zweite Abschnitt bearbeitet des eigentlichen Inhalt dieser Ueberzeugung. Erster Abschnitt. Die humanistische Lebensüberzeugung formell als Ueberzeugung betrachtet. — Dieser nicht-religiöse Humanismus bietet sich dar nicht wie eine abstrakte und wissenschaftliche Theorie sondern wie eine echte Lebenswahrheit, woraus der nicht religiöse humanistische Mensch Inspiration, Führung und Kraft schöpft für sein Leben. Demnach ist dieser Humanismus für den Betreffenden bedeutend mehr als eine rein weltanschauliche Theorie oder als ein philosophisches System. Er wird hierdurch sogar ganz aus der philosophischen Ebene herausgehoben und wie eine selbständige Ueberzeugung neben die Religionen gesetzt. Was die Religion bedeutet für den gläubigen, das bedeutet dieser Humanismus für den nicht-gläubigen Menschen. Der moderne Humanist ist aber sicher, dass auch seine Ueberzeugung wie die der Gläubigen sich nicht völlig auf die Vernunft gründet, das heisst, sich nicht exakt wissenschaftlich und genau nachweisen lässt, sondern in Bezug auf wesentliche Ausgangspunkte als ein echter « Glaube » zu betrachten ist. In diesem Sinne hat dieser Humanismus den klassischen Rationalismus überwunden. Der Glaube, worum es sich hier handelt, ist selbstverständlich nicht der religiöse Glaube, sondern er nähert sich am meisten dem, was Jaspers « den philosophischen Glaube » nennt. Dieser Glaube wird aber nicht willkürlich gewählt, sondern basiert viel mehr auf einer innerlichen und unentrinnbaren Notwendigkeit der innerlichen Totalbeschaffenheit. Die Vernunft hat aber betreffs der Lebensüberzeugung eine wichtige Funktion zu erfüllen. Ihre Aufgabe ist es das Wahre vom Falschen zu trennen. Vom Menschen, das heisst von einem vernünftigen Wesen, wird nun die Bereitschaft erwartet sich für sich selbst und für die Gemeinschaft immer vernünftig zu verantworten und von seinen Ueberzeugungen, Taten und inneren Erlebnissen Rechenschaft abzulegen. Der Humanist hält dies für spezifisch und essentiell humanistisch. Den ohne diese Bereitschaft wird ja nur Zwiespalt unter den Menschen herrschen und wird Tür und Tor geöffnet sein für Intoleranz, Kampf, Gewalt und Unterdrückung. Nicht alles aber ist rein vernunftmässig nachzuweisen. An vieles auch in der humanistischen Lebensüberzeugung kann nur phänomenologisch und existentiell herangekommen werden. Aber auch dann darf noch nicht alles als wahr angenommen werden ; immer muss die Erkenntnisquelle nachgewiesen werden. Diese stetige Bereitschaft zu Verantwortung und Rechenschaft gibt diesem Humanismus seine prinzipielle Offenheit und seinen grundsätzlich undogmatischen Charakter. Kraft dieser Forderung zur ununterbrochenen Verantwortung und Rechenschaft ist diese Humanistische Lebensüberzeugung auf Allgemeingültigkeit und Objektivität gerichtet. Denn der Humanist versichert, dass er als Massstab und Kriterium seiner Lebensüberzeugung nur die für alle geltende Vernunft und die für alle zugängliche Erfahrung gelten lassen will. Demzufolge hält er seine Ueberzeugung auch für die einzig mögliche Grundlage einer allgemeinmenschlichen Einheit. Er urteilt, dass die Religion niemals auf Allgemeingültigkeit Anspruch machen kann, weil sie als letztes Kriterium nicht die Vernunft, sondern die « Offenbarung » und die « Gnade » oder auch Einzelerlebnisse annimmt ; das heisst Massstäbe, die ihrer Natur nach nur individuelle Bedeutung haben können. Demgemäss können die Offenbarungsreligionen auch niemals eine Grundlage für eine allgemein menschliche Verbundenheit bieten. Im Gegenteil, die Religion kann nichts anderes sein und ist immer nichts anderes gewesen als eine Quelle von Zwietracht und Streit. Die Allgemeingültigkeit der humanistischen Lebensüberzeugung ist aber nicht die der exakten Naturwissenschaften — gerade weil, wie schon gesagt wurde, viele wesentliche Ausgangspunkte der Ueberzeugung nicht für eine exakt wissenschaftliche Beweisführung zugänglich sind — sondern nur jene, die der Philosophie eigen ist, das heisst : sie beruht auf dem Mitdenkenkönnen der anderen. Die Vernunft hat aber nicht nur die Aufgabe « Prüfstein » für die Wahrheit oder Falschheit einer Lebensüberzeugung zu sein, sondern sie hat auch eine « erklärende » Funktion. Denn sich die eigene Lebensüberzeugung vergegenwärtigen bedeutet nicht nur das Wahre vom Falschen zu trennen, sondern auch die wahren weltanschaulichen Ausgangspunkte zu durchleuchten und die philosophischen Folge daraus zu ziehen. In Bezug hierauf sind der Vernunft aber ihre eigenen Grenzen gestellt. Die Vernunft kann nämlich nichts anderes als zwischen den gegebenen Erfahrungen Zusammenhänge enthüllen, die Erfahrungen kombinieren oder in ihre Elemente zerlegen. Sie ist aber nicht imstande neues Material oder neue Kenntnisse aus sich selbst oder aus dem Nichts heraus zu erzeugen. So ist sie nicht fähig zu erklären, weshalb die Welt und das Sein da sind, und warum sie sind wie sie sind. So ist der Mensch nicht imstande Kenntnisse zu erlangen über Wirklichkeiten, wovon uns keine einzige Erfahrung gegeben ist. Das Mysterium des Seins muss deshalb allerseits anerkannt werden. Dem Seinsmysterium lässt sich sodann nie mit Sicherheit, sondern nur mit Hypothesen näherkommen. Es ist diese Auffassung der Vernunft, die den Humanisten zum Unglauben führt oder ihn in seinem Unglauben wenigstens immer wieder bestärkt. Denn sie enthält eine radikale Verneinung der wahren Metaphysik. Oder : gemäss der Auffassung dieser Humanisten ist die Metaphysik nichts anderes als die Fortsetzung des hypotetischen und theoretischen Teiles der exakten Wissenschaften. Im Auge des Humanisten ist und bleibt die Vernunft auch das letzte Kriterium der Lebensüberzeugung. Der humanistischen Ansicht gemäss kann es für den Menschen keinen anderen Ausgangspunkt geben als die Kräfte seiner eigenen Menschlichkeit. Auch eine Offenbarung, sei es eine allgemeine oder eine individuelle Offenbarung, muss doch als solche mit der Vernunft mit Gewissheit nachzuweisen sein. Im diesen Sinne ist die Offenbarung doch wieder als die Fortsetzung der natürlichen Kräfte des Menschenverstandes zu betrachten. Es gibt für den Menschen schliesslich und endgültig keine höhere Instanz oder keinen Zufluchtsort als seine eigene Vernunft selbst. Im Grunde ist der Mensch durchaus autonom. Eine Gottesexistenz oder eine Offenbarung ist für den Humanisten aber auch nicht als subalterner Ausgangspunkt möglich. Denn die Gottesexistenz befindet sich in einem Kenntnisraum, der prinzipiell für unsere Vernunft unzugänglich ist. Dieser Humanismus verkündet einen grundsätzlichen Agnostizismus. Ebenso liegt in seiner Auffassung für die geschichtliche Existenz einer Offenbarung kein einziger Beweis und Beleg vor. Aber auch dieses Faktum ist für den Humanisten noch nicht der tiefste Grund seines Unglaubens. Obwohl er die Gottesexistenz für unkenntlich hält, leugnet er doch keinenfalls die Gottesexistenz auch nicht. Der lebende Gott, obgleich Er sich vernunftmässig nicht nachweisen lässt, würde Sich doch zum Beispiel durch eine « Gnade », durch eine geistige Erleuchtung, durch ein religiöses Erlebnis, in die persönliche Existenz des Menschen manifestieren können. Nun denn, der Humanist muss bekennen und bezeugen, dass er von einer solchen Offenbarung keine einzige Erfahrung und keinerlei Erlebnis hat. Und dies achtet er als den tiefsten Grund seines Unglaubens. Dementsprechend hält dieser Humanismus seine ganze Kritik an der Gottesexistenz und an der Offenbarung nur für sekundär und nebensächlich. Sein Unglauben gründet sich in erster Instanz n i c h t darauf, ebensowenig wie der Gottesglaube der Gläubigen sich in erster Instanz auf die Gottesbeweise stützet ; diese Kritik und diese Beweise bedeuten viel mehr eine nachherige Beleuchtung einer schon zuvor bestehenden Ueberzeugung. In erster Instanz beruht jede Ueberzeugung auf Intuitionen und Erlebnissen, die — wie der Humanist zu glauben neigt — im Grunde unnachweisbar sind. Der Humanist legt besonderen Nachdruck darauf. Demzufolge und in dieser Hinsicht betrachtet der Humanist alle Ueberzeugungen im Grunde g l e i c h , dass heisst, er versucht alle Ueberzeugungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Er achtet alle Ueberzeugungen aber nicht als gleichwertig. Denn es ist jeder wahren Ueberzeugung naturgemäss durch den Träger für die meist wertvollere gehalten zu werden. Aus diesem Grund wird von diesem Humanismus eine prinzipielle Toleranz vertreten ; eine Toleranz, die n i c h t basiert auf einem Wahrheitsrelativismus — für diesem Humanismus ist die Wahrheit durchaus nicht relativ — sondern auf die Ehrfurcht für die menschliche Person, denn es ziemt sich diese um ihrer selbst Willen mit Achtung zu behandeln. Diese Toleranz fordert denn auch keinesweges, dass die Ueberzeugung anderer für wahr geachtet wird, weder gänzlich noch teilweise. Eine zweite Folgerung aus dieser gegenseitigen Gleichheit der Ueberzeugungen ist die Forderung zu Gleichberechtigung im öffentlichen Leben. Insbesondere von Seiten des Staates wird öffentliche Gleichstellung mit den Kirchen gefordert. Die Toleranz von Seiten des Staates oder die Gleichberechtigung schliesst nicht nur ein die Freiheit seine Ueberzeugung öffentlich zu leben, sondern auch durch Propaganda anderen zu eigenen Auffassung zu bringen, besonders aber das Recht und die Freiheit Gleichgesinnten im Heer, in Krankenhäusern, Gefängnissen und Arbeitslagern geistig-seelisch zu betreuen

Links

PhilArchive



    Upload a copy of this work     Papers currently archived: 90,616

External links

  • This entry has no external links. Add one.
Setup an account with your affiliations in order to access resources via your University's proxy server

Through your library

Similar books and articles

Het beginsel Van voldoende grond.C. Schoonbrood - 1956 - Tijdschrift Voor Filosofie 18 (4):531-578.
Philologisch-philosophische Antithesen.Reinhardt Brandt - 2005 - Kant Studien 96 (2):235-242.
Kausalprinzip und gottesbeweis, ihre begrundung.Adolf von SchÖnberg - 1956 - Tijdschrift Voor Filosofie 18 (1):59-106.
Bedürfnis nach dem Sinn des Lebens.P. Tavel - 2004 - Filozofia 59:571-579.
Filosofische taal en poetische verwoording.L. Vander Kerken - 1960 - Tijdschrift Voor Filosofie 22 (2):155-173.
Phänomenologische Freiheit in Husserls Ideen...Tobias Keiling - 2013 - In Diego D'Angelo, Sylvaine Gourdain, Tobias Keiling & Nikola Mirkovic (eds.), Frei sein, frei handeln. Freiheit zwischen theoretischer und praktischer Philosophie. Alber. pp. 243-271.
Die eine Welt und die vielen Welten.Henning Ottmann - 2009 - Synthesis Philosophica 24 (1):7-17.
Waarheid en waarheidstheorieën.C. A. Schoonbrood - 1965 - Tijdschrift Voor Filosofie 27 (2):211 - 232.
Begrijpelijkheid en voldoende grond.Cl Schoonbrood - 1964 - Tijdschrift Voor Filosofie 26 (3):383 - 404.
Intentionaliteit en evolutie Van het geloof.K. A. H. Hidding - 1962 - Tijdschrift Voor Filosofie 24 (4):631 - 651.

Analytics

Added to PP
2015-02-04

Downloads
0

6 months
0

Historical graph of downloads

Sorry, there are not enough data points to plot this chart.
How can I increase my downloads?

Citations of this work

No citations found.

Add more citations

References found in this work

No references found.

Add more references