Abstract
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Verbreitung und der Legitimität von (negativen) Konstruktionspraktiken in Journalismus, Pressearbeit und Politik. In einer empirischen Studie wurden die Konstruktionspraktiken Übertreibung, Weglassen von relevanten Informationen, das Bullshitting und das Lügen untersucht. Dabei wurden alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages (MdB) und aller deutschen Landtage (MdL), die Mitglieder*innen der Bundes- und aller Landespressekonferenzen sowie Pressesprecher*innen von Parteien, Fraktionen und Ministerien auf Bundes- und Länderebene befragt. Insgesamt konnten mit einer standardisierten Onlineumfrage 758 Fragebögen in die Auswertung einfließen. Es zeigt sich, dass einige negative Konstruktionspraktiken als teilweise (sehr) weit verbreitet beschrieben werden. Außerdem kann in den meisten Fällen eine klare Hierarchie zwischen den Konstruktionspraktiken sowie der Akteur*innen-Gruppen nachgewiesen werden: Politiker*innen beschreiben eine stärkere Verbreitung von Konstruktionspraktiken als Pressesprecher*innen und diese wiederum eine stärkere Verbreitung als Journalist*innen. Auffallend dabei ist, dass knapp vier von fünf Politiker*innen Übertreibung als (sehr) verbreitet beschreiben. Und immerhin jede*r dritte Politiker*in beschreibt Bullshitting, also das Ergänzen von ungeprüften Aussagen, die wahr sein könnten – oder eben auch nicht – als (sehr) verbreitet. Im Hinblick auf die Legitimität derselben Konstruktionspraktiken zeigt sich, dass diese als deutlich weniger legitim beschrieben werden. Für jeden Vierten sind Übertreibungen legitim. Und mit der Ausnahme des Bullshitting sind negative Konstruktionspraktiken am ehesten für Pressesprecher*innen legitim.