Gesundheitsversorgung für Sexarbeiter*innen – Zugang, Barrieren und Bedürfnisse

Ethik in der Medizin 36 (2):151-168 (2024)
  Copy   BIBTEX

Abstract

Zusammenfassung Hintergrund Stigmatisierung hat einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und trägt zu Ungleichheiten im Gesundheitswesen bei. Sexarbeit ist mit erheblichem sozialem Stigma verbunden, das sich nachteilig auf den Zugang von Sexarbeiter*innen zur Gesundheitsversorgung auswirkt. Die vorliegende explorative Studie gibt erste Einblicke in die Sichtweisen von Sexarbeiter*innen und Berater*innen in Deutschland auf den Zugang, die Bedürfnisse und die Barrieren von Sexarbeiter*innen in Bezug auf die Gesundheitsversorgung. Dabei lag der Fokus auf einem etablierten Netzwerk von Gesundheitsangeboten für Sexarbeiter*innen in Bochum. Methoden Leitfadengestützte Interviews wurden mit 4 Berater*innen durchgeführt, die soziale und medizinische Beratung für Sexarbeiter*innen anbieten, sowie mit 3 Sexarbeiter*innen, die diese Angebote nutzen. Die Interviews wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet. Ergebnisse Es zeigten sich verschiedene Hürden bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsversorgung, insbesondere aufgrund unzureichender Krankenversicherung oder fehlendem Wissen über den eigenen Krankenversicherungsstatus, Sprachbarrieren, Bürokratie, Mobilität und Diskriminierung in der Gesundheitsversorgung. Diskriminierung aufgrund von Sexarbeit überschnitt sich mit anderen Diskriminierungsformen, wie beispielsweise antislawischem Rassismus oder der Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Spezifische Bedürfnisse und Barrieren wurden hinsichtlich psychischer Gesundheit angegeben, die sich als wichtiges Thema für Sexarbeiter*innen erwies. Die bestehenden kostenlosen, anonymen und zugänglichen Angebote für Sexarbeiter*innen, insbesondere aufsuchende Angebote, wurden als hilfreich beschrieben. Sexarbeiter*innen und Berater*innen wiesen auf einen Mangel an Angeboten für unterschiedliche Bedürfnisse von Sexarbeiter*innen hin, die über Tests auf sexuell übertragbare Infektionen und deren Behandlung hinausgehen, z. B. im Bereich der psychischen Gesundheit. Schlussfolgerung Nach wie vor bestehen Barrieren für den Zugang zur Gesundheitsversorgung, von denen viele besonders Sexarbeiter*innen mit Migrationsgeschichten aus osteuropäischen Ländern betreffen. Die Studie zeigt, dass die Etablierung antidiskriminierender Gesundheitsangebote für Sexarbeiter*innen notwendig ist. Bei der Entwicklung solcher Angebote sollten die Perspektiven von Sexarbeiter*innen eine zentrale Rolle einnehmen.

Other Versions

No versions found

Links

PhilArchive



    Upload a copy of this work     Papers currently archived: 100,990

External links

Setup an account with your affiliations in order to access resources via your University's proxy server

Through your library

Similar books and articles

Darf der Staat von Migrant*innen fordern, sich zu integrieren?Tobias Gutmann - 2021 - Zeitschrift Für Ethik Und Moralphilosophie 4 (2):293-312.
Beziehungsformen: Über drei Achsen des Zusammenwirkens von Künstler*innen und Aktivist*innen.Simon Teune - 2023 - Paragrana: Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie 32 (2):59-77.
Interkulturalität.Jan-Christoph Marschelke - 2021 - In Eric Hilgendorf & Jan C. Joerden (eds.), Handbuch Rechtsphilosophie. J.B. Metzler. pp. 497-504.

Analytics

Added to PP
2024-05-09

Downloads
20 (#1,025,632)

6 months
12 (#256,061)

Historical graph of downloads
How can I increase my downloads?

Author's Profile

Citations of this work

No citations found.

Add more citations

References found in this work

The Role of Empirical Research in Bioethics.Alexander A. Kon - 2009 - American Journal of Bioethics 9 (6-7):59-65.

Add more references