Abstract
Jacques Rancières harsche Kritik am autoritären Wissenschaftsverständnis der Soziologie ist vorrangig eine Auseinandersetzung mit den Veröffentlichungen von Pierre Bourdieu geblieben. Der Beitrag rekonstruiert zunächst diese Kritik anhand des roten Fadens eines double bind Effektes der soziologischen Wissensproduktion, der in einer gleichzeitigen Absage an und Ausübung von wissenschaftlich legitimiertem Herrschaftswissen besteht. Anschließend fragt er nach den Möglichkeiten einer Übertragung von Rancières Überlegungen auf die soziologische Systemtheorie von Niklas Luhmann. Dabei zeigen sich sowohl Ansätze für ein mögliches Komplementärverhältnis als auch für deutliche Reibungspunkte zwischen Rancière und Luhmann. Dies ermöglicht im Gegenzug eine Kritik der Rancièreschen Konzepte von Gleichheit, Emanzipation und Demokratie aus einer systemtheoretischen Perspektive, sodass die Grenzen von Rancières Soziologiekritik neu vermessen werden können.