Intervention und Einmischung
Abstract
In dem Beitrag geht es um die Frage, ob eine verbreitete Rechtfertigung der NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien im Frühsommer 1999 ethisch stichhaltig war. Dieser Rechtfertigung zufolge durfte die NATO militärisch eingreifen, um eine humanitäre Katastrophe im Kosovo zu verhindern. Die Angriffe wären demnach eine moralisch zulässige Nothilfe gewesen, analog der zwischenmenschlichen Nothilfe in so genannten Samariter-Situationen. Im ersten Teil des Beitrags werden deshalb die ethischen Bedingungen verschiedener Samariter-Szenarios diskutiert, im zweiten Teil werden sie auf die konkrete Situation im Kosovo Ende der neunziger Jahre angewandt. Das Resultat ist negativ: Obwohl sich die Bevölkerung des Kosovo 1998/99 zweifellos in großer Not befand und auf äußere Hilfe angewiesen war, hatte die NATO kein moralisches Recht auf eine militärische Nothilfe. Wenn ihre Angriffe überhaupt moralisch gerechtfertigt waren, dann nicht aus diesem Grund.