Abstract
Zusammenfassung Nach einer Besprechung der empirischen Ergebnisse und der unterschiedlichen ontologischen Voraussetzungen neurowissenschaftlicher Forschung hinsichtlich der Willensfrage fragt diese Untersuchung, ob der menschliche Wille als frei oder als gebunden zu charakterisieren ist und ob ein angemessenes Verständnis des menschlichen Willens in ein deterministisches oder indeterministisches Weltverständnis einzubetten ist. Nachdem eine Behandlung von Luthers Position zur Fragestellung und eine Untersuchung der gegenwärtigen Debatte vorgenommen wurde, werden die Hauptthesen formuliert: Unter der Voraussetzung eines Begriffs der menschlichen Person als eines partikularen, eschatisch konstituierten, gegenwärtig prozedierenden Voneinander-und-Füreinanderseienden, das unter der Alternative steht, eine ver-rückte oder zurechtgerückte Selbsterschlossenheitslage zu besitzen, ist der menschliche Wille als solcher als gebunden an verschiedene Relate zu verstehen: zu extern und intern bestimmbar Bestimmendem sowie zu extern und intern kontingent-unbestimmbar Bestimmendem. Der menschliche Wille ist daher immer gebunden. Damit einher geht eine spezifische Form des Kompatibilismus, der eine Kompatibilität sowohl zu deterministischen als auch zu indeterministischen Weltverständnissen auszudrücken hat. Am Ende werden Vorschläge zur Willensfreiheitserfahrung unter der Bedingung eines ontisch gebundenen Willens unterbreitet und Konsequenzen für den Verantwortungsbegriff gezogen.