Abstract
Zusammenfassung. Der Kompromiss ist eine ethische Kategorie, die in den zurückliegenden 20 Jahren selten berücksichtigt wurde. Dabei gibt es zahlreiche medizinethische Themen und unterschwellig auch Reaktionen auf Ethik-Beratung, die polarisiert, aber nicht mit der Bereitschaft zum pragmatischen Konsens diskutiert werden bzw. oftmals Unzufriedenheit mit der ethischen Beratung oder dem Entschluß zu handeln zeigen. Ethik-Beratung muß mit dieser polarisierenden Einstellung rechnen und ihr entgegenarbeiten. Das kann sie, wenn sie die einst große ethische Bedeutung des Kompromisses zur Kenntnis nimmt. Seine Notwendigkeit wird in drei Perspektiven diskutiert: 1) als existentielle Option, 2) als Moment der Moralentwicklung und 3) als Bedingung medizinischer Interaktionen. Der Kompromiß bekommt die Bedeutung der Handlungskompetenz, welche Moral und lebensweltliche Belange vermitteln können muß. Insofern steht er als vermittelnde Größe gegenüber jedem moralischen Optimalismus, der leicht Fundamentalismus werden kann. Darin ist er Horizont der Ethik-Beratung.