Abstract
Der Beitrag setzt die Praxis der Agitproptruppen im Deutschland der Jahre um 1930 in Beziehung zur Praxis gegenwärtiger Performancekollektive. In dieser historisierenden Perspektive wird die Heterogenität von Gruppenstrukturen und Entscheidungsprozessen deutlich, die in verschiedenen Phasen der Kunstgeschichte und des Kunstdiskurses mit dem Kollektivbegriff bezeichnet wurden. Um zu verstehen, warum sich Kollektive bisweilen straff geführt und geradezu autoritär, in anderen Fällen aber offen, demokratisch und an Gleichheitspostulaten orientiert zeigen, ist einerseits das Verhältnis der jeweiligen Kollektive zu großen, dominanten Institutionen zu betrachten. Andererseits soll einem Zusammenhang zwischen der künstlerisch-ästhetischen Ausrichtung der Kollektive und ihren Entscheidungsstrukturen nachgegangen werden: Die Abwendung vom klassischen Theaterdispositiv ermöglicht es Kollektiven, die sich zu anderen Künsten und Medien öffnen, auch andere, offenere Entscheidungsstrukturen zu entwickeln, als sie etwa aus dem Stadt- und Staatstheater vertraut sind.