Abstract
Eine Analyse der Politischen Philosophie der Neuzeit kann – soll sie nicht lediglich einzelne Autoren oder Werke reihen – zwei methodische Wege einschlagen. Sie kann zum einen mit einer detaillierten Werkinterpretation wichtiger Denker wie Hobbes, Locke oder Kant beginnen und quasiinduktiv den historischen Fortgang der Hauptdiskussionen zu rekonstruieren suchen. Sie kann aber auch wesentliche abstrakte Verlaufskategorien vorschlagen, mit deren Hilfe dann umgekehrt in einem quasideduktiven Konkretionsschritt die Beiträge eminenter Denker möglichst gut verstanden, eingeordnet und gewürdigt werden.Der vorliegende Text wird zum Zweck der Beurteilung dieser beiden großen Alternativen zunächst einige Anforderungen vorschlagen, die derartige abstrakte begriffliche Kategorien erfüllen sollten, um zum Verständnis der Ideengeschichte der neuzeitlichen Politischen Philosophie beitragen zu können . In einem zweiten Schritt werden die beiden soeben genannten Gegensatzpaare an Hand dieser Anforderungen beurteilt . Diese Beurteilung wird zu dem Ergebnis führen, daß beide Gegensatzpaare zwar unabdingbar notwendig sind, um wesentliche Autoren der Politischen Philosophie der Neuzeit würdigen zu können. Für die Erfassung des Verlaufs der grundlegenden Auseinandersetzung in der neuzeitlichen Politischen Philosophie reichen sie aber nicht aus. Deshalb wird drittens das schon im Titel dieses Beitrags genannte Kategorienpaar „Normativer Individualismus versus normativer Kollektivismus" vorgeschlagen . Mit Hilfe dieses Gegensatzpaares und einiger Ergänzungen wird dann viertens die Grundlinie der Auseinandersetzung in der neuzeitlichen Politischen Philosophie skizziert werden . Diese Skizze soll schließlich zu einem besseren Verständnis der gegenwärtigen Diskussionslage führen