Abstract
Jürgen Habermas’ Zugehen auf die Religion ist wohl das prominenteste Beispiel einer auch aktuell in der Philosophie häufig zu findenden Tendenz, eine affirmative Haltung zur Religion und den durch sie vertretenen Ansprüchen und Konzepten einzunehmen. Entscheidend ist dabei diejenige Haltung zu religiösen Wahrheitsansprüchen, die Habermas bisweilen als „nachmetaphysisch“, vor allem aber als „agnostisch“ bezeichnet. Dabei nimmt der Agnostizismus, wie sich am Beispiel Habermas’ exemplarisch zeigen lässt, ein Modell religiöser Erfahrung an, das dieser eine Sonderstellung zuweist – und das den Geltungs- und Wahrheitsansprüchen der Religion und ihrer Vertreter nicht gerecht wird. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob es philosophisch tragfähig ist. Denn dieses Modell kommt nicht ohne die implizite Annahme einer exklusiven Quelle religiöser Erfahrung, verschieden von Sinnlichkeit und Vernunft, aus – ohne gute Gründe für die Anerkennung oder auch nur Annahme einer solchen Quelle angeben zu können.Jürgen Habermas’s approach to religion is likely to be the most prominent example of a general tendency in current philosophy, which tends to an affirmative attitude towards religion and its claims on truth and validity. An attitude which Habermas sometimes calls “postmetaphysical” but primarly terms “agnostic” is thereby crucial to this position. As can be exemplified by Habermas’s arguments, agnosticism assumes a concept of religious experience which assigns to it an exceptional position in human life – and which, however, does not take the claims of truth and validity of religion and its agents at face value. Moreover, it is questionable if it presents a philosophically satisfactory account of religious experience. For this concept has to presume an exclusive source of religious experience, different from sense and reason – whereas it lacks the ability to present good reasons for its acknowledgement or even its assumption