Religie en wetenschap

Synthese 2 (1):159 - 167 (1937)
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Abstract

Die Wissenschaft besteht aus einzelnen Behauptungssätzen, aus Kausalsätzen, aus Naturgesetzen, die in mathematischen Formeln ausgedrückt werden, aus Regeln und Ableitungen; aus Hypothesen, Verifikationsmethoden, Verifikationen, beziehungweise Falsifikationen; aus Konstatierungen über die Verwendung sprachlicher Zeichen. All das wird mit dem gemeinsamen Namen "Wissenschaft" bezeichnet. Wir bemerken, dass hierdurch heterogene Satztypen zusammengefasst wurden und wir wollen nach dem gemeinsamen "Durchschnitt" aller erwähnten Satzarten suchen, damit wir den gemeinsamen Namen rechtfertigen und das Verhältnis dieser Zusammenfassung zu einer andern Zusammenfassung, die man als Religion bezeichnet, untersuchen können. Die Religion umfasst überlieferte Erzählungen (historische Behauptungssätze), Kausalsätze. Wir bemerken hier aber etwas Neues: das Auftreten von Normen (von allgemeinen Befehlssätzen) wie auch von Wertungen, die einen integrierenden Bestandteil der Religion bilden. Es kommen auch Mahnungen und Vorwürfe vor. Es erscheint nun zweckmässig zu sein, das Auftreten der letzterwähnten Satztypen als charakteristisch anzusehn, um die Verschiedenheit der zwei Sphären mit ihrer Hilfe zu formulieren. Die Wissenschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass ihre Sätze richtig oder unrichtig, wahr oder falsch sind, dass sie aber nicht fordern und nicht werten. Auch die sogenannten ethischen Sätze, insofern sie wissenschaftliche Sätze sind, verpflichten nicht zu Handlungen, sondern beschreiben und erklären bestimmte Verhaltungsweisen des Menschen. Wir wollen die Neutralität, den indifferenten Charakter als das Kennzeichen aller wissenschaftlichen Sätze betrachten: sie sind nicht normativ, sie tragen uns keine Handlungen auf und werten nicht. Die Wissenschaft ist sozusagen, "jenseits von Gut und Böse". Die Religion besteht dagegen hauptsächlich aus Normen und Wertungen. Ihrem eigentlichen Wesen nach stellt die Religion keine Dichtung, keinen Mythos und ebensowenig eine blosse Ethik dar, sondern sie ist etwas viel primäreres: die Veranlassung und die Reglung der menschlichen Handlungen und die Erzeugung von Hemmungen durch Normen und Wertsysteme. Ueberall dort, wo eine Motivquelle auf einen Teil der Menschen, beziehungsweise auf alle Menschen, von andauerndem Einfluss ist und irgend ein Gegenstand der Welt dazu ernannt wird, an das Bekennen zu dieser Motivquelle zu erinnern, dort liegt Religion vor. Die Religion umfasst auch Normenund Wertsysteme, die Handlungen und Hemmungen veranlassen, welche nicht im Dienste der menschlichen Gesellschaft stehen und dadurch ist sie von der Morallehre verschieden. Der Glaube an die "Wichtigkeit" der Normen und Werte wie an jene Behauptungssätze über die Welt, welche den tiefsten Wünschen und der Sehnsucht des Menschen entgegenkommen, ist die wichtigste religiöse Handlung

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