Abstract
In diesem Aufsatz gebe ich eine Darstellung und kritische Bewertung der sog. Propensity-Theorie der Wahrscheinlichkeit. Diese konzipiert Wahrscheinlichkeiten als reale „Neigungen“ oder „Tendenzen“ experimenteller Arrangements zur Hervorbringung bestimmter Resultate. Damit gibt sie Wahrscheinlichkeitsaussagen eine objektive, ontologische Interpretation. Ihre Konkurrenten in diesem Feld sind die Häufigkeitstheorie, der zufolge sich Wahrscheinlichkeitsaussagen auf relative Häufigkeiten, und die Symmetrieauffassung, der zufolge sie sich auf Symmetrieverhältnisse beziehen. Ich diskutiere kurz und grundsätzlich diese Alternativen und versuche zu verdeutlichen, wie sie von selbst zur Propensity-Theorie hinführen, um diese dann ausführlicher zu thematisieren. Dabei erweist sich, dass die Konzeption von Wahrscheinlichkeiten als Tendenzen in der Wirklichkeit die merkwürdige Konsequenz hat, dass dadurch Entitäten mit einer normativen Kraft eingeführt werden, die nicht näher erläutert werden kann. Es ergibt sich, dass bisher keine wirklich befriedigende Konzeption objektiver Wahrscheinlichkeiten vorliegt