Abstract
Translation abstractZusammenfassung: Daten, Modelle und Erdgeschichte ineinander gefaltet: Paläo‐ Simulationen und ihre epistemologische Unruhe. Klima‐ und Erdsystemmodelle werden nicht nur verwendet, um künftige klimatische Bedingungen zu prognostizieren, sondern auch, um vergangene Klima‐Ereignisse zu rekonstruieren. Dieser Beitrag ist der zweite in einer Reihe, welche die Paläoklimatologie – die Wissenschaft der Klimate vor Anbeginn direkter, instrumentenbasierter Messungen – als eine epistemisch radikale Praxis vorstellt, die in direkter und offener Weise die Unterscheidung zwischen Daten und Modell aufhebt sowie den Begriff des Experiments rekonfiguriert und im Zuge dessen unsere Vorstellungen einer tiefen, d. h. geologischen, und einer flachen, d. h. historischen Zeit miteinander vermengt. Der vorliegende Artikel zeigt erstens, wie sich im Zuge der Einführung von General Circulation Models nicht nur die Wissensproduktion über die komplexen Ursachen und Abläufe früherer Klimawandel‐Ereignisse auf numerische Simulationen verlagerte, sondern diese Einführung selbst von paläoklimatologischen Fragen begleitet, wenn nicht gar eminent beeinflusst wurde. Zweitens erweisen sich die numerischen Experimente inzwischen als potente Katalysatoren eines neuen Verständnisses für die spezifische Zeitlichkeit, in der sich unsere Gegenwart im Übergang zum Anthropozän entfaltet. In der Diskussion der historischen Entwicklung der Paläoklimamodellierung und durch die Untersuchung der produktiven heuristischen Eigenschaften ihrer Praxis stellt der Artikel unsere Fixierung auf die Kategorie der Unsicherheit infrage.