Abstract
Der wissenschaftliche Diskurs soll zugleich „epistemisch gerecht“ und „epistemisch offen“ sein. Alle potentiell Erkennenden sollen die gleiche Freiheit haben, am Diskurs teilzunehmen, und dabei freimütig sprechen können. Auf diese Weise wird Wissen bzw. Erkenntnis bestmöglich erreicht. So selbstverständlich das klingen mag, ist eine heftige, frustrierend verlaufende Debatte darüber entbrannt, wer und was an der Universität gehört oder gelesen werden soll – und wer und was nicht. In diesem Essay werden zunächst die Gründe für diesen Verlauf offengelegt. Sodann wird ein Vorschlag dazu gemacht, wie sich die beiden nur scheinbar konfligierenden Ziele der epistemischen Gerechtigkeit und der epistemischen Offenheit miteinander versöhnen lassen. Danach gibt es für Meinungsäußerungen, sofern sie epistemisch qualifiziert sind, keine Grenze. Wissenschaft darf sich nicht nur, sie muss sich sogar mit jedem erdenklichen Thema auseinandersetzen, da gerade sie mögliche epistemische Irrwege mit guten Argumenten beenden kann. Das Argument und der Dialog, und nicht Zensur aufgrund „sozialer Tyrannei“, sind der Weg der Wissenschaft und ihr schärfstes Schwert.