Das Münchhausen-Trilemma in der Erkenntnistheorie, Kosmologie und Metaphysik

In Hans Albert & Eric Hilgendorf (eds.), Wissenschaft, Religion und Recht: Hans Albert zum 85. Geburtstag am 8. Februar 2006. Berlin: Logos. pp. 441-474 (2006)
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Abstract

In der Erkenntnistheorie führt das von Hans Albert so genannte Münchhausen-Trilemma an die Grenzen von Begründungen und Rechtfertigungen. Da diese immer in einen infiniten Regress, Zirkel oder Abbruch münden, ist absolut sicheres, letztbegründetes Wissen nicht möglich. Neuere Entwicklungen in der Erkenntnistheorie zeigen jedoch, dass sich die Rechtfertigungen unserer Überzeugungen vielleicht doch tiefer fundieren lassen als bislang gedacht, und dass die Erkenntnisgrenzen erweitert und im Hinblick auf skeptische Argumente genauer bestimmt werden können, wenn der epistemologische Internalismus eingeschränkt werden muss. Die Kosmologie und Metaphysik stoßen aufgrund des Münchhausen-Trilemmas ebenfalls an Grenzen. Dies lässt sich an zwei besonders brisanten Fragen kritisch illustrieren (auch wenn die zahlreichen Antwortversuche und Argumente hier nicht im Detail dargestellt werden können): Wie kam es zum Urknall? Und warum ist etwas und nicht vielmehr nichts? Dabei markiert das Münchhausen-Trilemma nicht nur die explanatorischen Probleme, sondern auch die physikalischen und metaphysischen Möglichkeiten: Der infinite Regress entspricht einem ewigen Kosmos (mit womöglich unendlich vielen Urknall-Ereignissen ohne einen allerersten) beziehungsweise einer unaufhörlichen Kontingenz; der Abbruch entspricht einem absoluten Anfang beziehungsweise einem fundamentalen, unhintergehbaren, womöglich metaphysisch notwendigen Prinzip oder einem unerklärlichen Zufall; und der Zirkel entspricht einem kosmologischen Zeitschleifen-Modell beziehungsweise spekulativen metaphysischen Selbstfundierungsprinzipien. Einerseits sind diese Alternativen letztlich alle unbefriedigend, andererseits stellt die undogmatische epistemische Bescheidenheit, die daraus resultieren sollte, zugleich eine wichtige Einsicht dar, die die beste Voraussetzung ist für weitere Forschungen und somit für einen Fortschritt in der wissenschaftlichen und philosophischen Erkundung unserer Welt und unserer Wissensgrenzen.

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