Abstract
Optische Täuschungen ändern ihr Aussehen nicht in Abhängigkeit von unserem Kenntnisstand. Sie sind damit gegenüber unseren Überzeugungen kognitiv undurchdringbar. Wie läßt sich dies erklären, und kann die kognitive Undurchdringbarkeit optischer Täuschungen als Beleg dafür interpretiert werden, dass es völlig theoriefreie Wahrnehmungen gibt? Im folgenden wird dafür argumentiert, dass Berkeleys Wahrnehmungstheorie überzeugendere Antworten auf diese Fragen liefert als Jerry Fodors Theorie der Modularität des Geistes. Berkeleys Ansatz ist deshalb besonders interessant, weil er die Fähigkeit zur visuellen Wahrnehmung geometrischer Eigenschaften als Resultat von Lern- und Assoziationsprozessen darstellt. Wie die Dinge für uns aussehen, hängt demnach davon ab, welche Erfahrungen und Gewohnheiten wir erworben haben. Im Unterschied zu Fodors Theorie ist Berkeleys Ansatz in der Lage, die kognitive Undurchdringbarkeit optischer Täuschungen zu erklären und dabei gleichzeitig ihrem epistemischen Charakter Rechnung zu tragen