Abstract
Zusammenfassung In der Philosophie Platons und der ihm folgenden Tradition bilden Theorie und Praxis stets eine Einheit, wobei die Theorie der Praxis in folgender Hinsicht übergeordnet wird: Die Theorie, verstanden als Schau (θεωρία/theôria) der „Idee des Guten“, fundiert die Praxis gelingenden Lebens und konkreter Handlungen. Bei Meister Eckhart scheint sich dieses Verhältnis zu komplizieren. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass in seinen Werken eine Aufwertung der sog. vita activa, der tatkräftig-anpackenden Lebensform, beobachtet werden kann: Diese Lebenspraxis sei sogar, so lautet die wirkmächtige Interpretation Dietmar Mieths, die Spitze des Menschenmöglichen und gegenüber der vita contemplativa vorzuziehen. Wie verträgt sich aber diese These mit dem oft kolportierten Vorrang der Theorie gegenüber der Praxis? In der vorliegenden Arbeit soll das Verhältnis von Kontemplation und Theorie einerseits zur vita activa andererseits geklärt werden.