Würzburg: Königshausen & Neumann (
2018)
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Abstract
"Verstehen" ist im Umgang mit Musik sowohl in der Alltagssprache als auch in historischen, asthetischen und padagogischen Konzeptionen ein zentraler, zugleich aber ein problematischer Begriff. NAch einer einfuhrenden Klarung und Systematisierung theoretischer Positionen zwischen einem "existenzialen" und einem "identifizierenden" Verstehensbegriff werden Konturen eines "posthermeneutischen" Begriffs von "Musikverstehen" skizziert, der den Anspruch auf Universalitat, Intentionalitat und Koharenz sowie die diskursive Verfasstheit des Hermeneutischen problematisiert und stattdessen auf "Alteritat", "Differenz" und "Prozessualitat" setzt. Die Auseinandersetzung mit historisch und stilistisch sehr unterschiedlichen Beispielen konkretisiert die Frage nach einer "posthermeneutischen" musikalischen Analyse: In Klavierkonzerten John Cages, Klaviersonaten Ludwig v. Beethovens, Klavierliedern Robert Schumanns sowie aktuellen Kompositionen von Kanye West und Akufen erweist sich in je anderer Weise der Anspruch eines umfassenden Verstehens, insbesondere an formale Koharenz und eine Kongruenz von Wort und Ton, als problematisch. Ein veranderter Begriff von "Musikverstehen" hat auch Konsequenzen fur didaktische Zielsetzungen und padagogische Inszenierungen, die die Dynamik von Interpretationsprozessen erfahrbar machen konnen und als "asthetische Operationen" nicht auf ein diskursives Verstehen angewiesen sein mussen.