Abstract
In der westlichen Geschichtswissenschaft, insbesondere in den USA seit dem 19. Jahrhundert, primär aber im Verlauf des Kalten Kriegs, war es lange Zeit üblich, die amerikanische Unabhängigkeit von Großbritannien 1776/1783 bzw. den vorausgegangenen Unabhängigkeitskrieg als Meilenstein der Geschichte des aufgeklärten, individualistischen, aber auch des ökonomischen Liberalismus zu interpretieren. Einen Höhepunkt fand diese These in den Arbeiten von R.R. Palmer aus den frühen 1960er Jahren, der basierend auf Thomas JeffersonsJefferson, Thomas Ideal von der jungen amerikanischen Republik „empire of liberty“ argumentiert hatte, von der Amerikanischen Revolution sei ein „Virus der Freiheit“ ausgegangen, der u. a. als Initialzündung für die Französische Revolution gedient habe. In diesem Zusammenhang kann man auf weitere transatlantische, bürgerliche Revolutionen verweisen, etwa die lateinamerikanischen Unabhängigkeitsbewegungen gegen Spanien in den 1810er und 1820er Jahren, der Sklavenaufstand auf Haiti sowie die Revolutionen von 1830/1831 und von 1848/1849.