Abstract
Thema des Aufsatzes ist die Ethik der ethischen Debatte. Kuhse und Singer fordern eine unbehinderte Diskussion ihrer These, „daß es unter bestimmten Umständen ethisch gerechtfertigt ist, das Leben mancher schwerstbehinderter Neugeborener zu beenden". Auch eine „Erklärung deutscher Philosophen zur sog. "Singer-Affäre" aus dem Jahr 1989 spricht sich für die öffentliche Diskussion aus. Gegen die Selbstverständlichkeit dieser Forderung ist zu bedenken: 1. Wo grundlegende Gewißheiten aufeinandertreffen, muß zwar nicht die Argumentation, aber doch der Anspruch, durch Argumente zu begründen oder zwingend zu widerlegen, aufgegeben werden; andere Formen der Reaktion widerstreiten daher nicht notwendig der Rationalität. 2. Im Vergleich zur fach-internen birgt die öffentliche Diskussion zusätzliche Rationalitätsrisiken. 3. Die Einstellung zur öffentlichen Diskussion einer grundlegenden moralischen Frage wird unweigerlich von der eigenen Antwort auf diese Frage mitbestimmt. 4. Die Kundgabe einer ethischen Auffassung ist selbst ethisch bewertbar. - Wenn man also die öffentliche Diskussion der Früheuthanasie genauso ablehnt wie z.B. die der Sklaverei, ist diese Intoleranz vertretbar