Abstract
Während eines zweimonatigen Aufenthalts in der Schweiz im Sommer 1836, hat Tocqueville einige kurze Aufzeichnungen zu Machiavelli gemacht (OC XVI, 541–550), dessen Gesamtwerk er in einer in den Jahren 1823–1826 erschienenen zwölfbändigen französischen Übersetzung besaß – in seiner Bibliothek hatte er auch eine dreibändige italienische Ausgabe. Die Begegnung mit Machiavelli in der Schweiz mag zwar, wie Richter (2005) es formuliert, kurz gewesen sein, aber sie war nachhaltig, und man kann nicht nur Kimpell (2009) zustimmen, die in Machiavellis Schriften Lösungen für die Tocquevillesche Problematiken zu finden glaubt, sondern man kann auch mit Mansfield und Winthrop (2014) von einem Tocquevilleschen Machiavellismus sprechen. Auf jeden Fall geht es Tocqueville ebenso wie Machiavelli um die, wie Zuckert sie nennt, „effective truth“ (Zuckert 1991, 131), um die Welt, wie sie wirklich ist, und nicht, wie man sie sich ideal vorstellt. Und wie Machiavelli ist auch Tocqueville darauf bedacht, in den Menschen das Gefühl aufrecht zu erhalten, dass sie einen Einfluss auf ihr Schicksal haben können (Lively 1962, 227).