Abstract
Obwohl heute selten explizit von Kybernetik gesprochen wird, ist diese für quasi alle modernen Optimierungsprojekte von zentraler Bedeutung. Der Beitrag unternimmt zunächst eine Begriffsbestimmung der Kybernetik als Universalwissenschaft von Kontrolle und Kommunikation und zeigt dann auf, inwiefern es heute in verschiedenen Lebensbereichen zu einer Kybernetisierung im Sinne einer Durchsetzung kybernetischer Steuerung kommt. Im Bereich der persönlichen Lebensführung haben kybernetische Psychotechniken die Kommunikationstechnik des Feedbacks popularisiert. Digitale Technologie ermöglicht eine Rationalisierung der feedbackbasierten Selbstoptimierung durch automatisierte Datenerhebung im Self-Tracking. In der Arbeitswelt kann das Toyota-Produktionssystem als eine weitgehende Analogie zu kybernetischem Management verstanden werden. Insbesondere im Zuge der Digitalisierung halten hier jedoch auf verschiedenen Ebenen, von der Kontrolle individueller Arbeitsschritte bis zur Optimierung ganzer Lieferketten, kybernetische Prinzipien Einzug. Im Bereich des Regierens werden kybernetische Ideen hauptsächlich von Ansätzen der Big-Data-Governance popularisiert, die darauf abzielen, Politik durch datenbasierte Selbstregulation zu ersetzen. Insgesamt kann im Zuge der Digitalisierung also von einer umfassenden Kybernetisierung gesprochen werden, mit der meist eine Logik der kontinuierlichen Optimierung einhergeht.