Eine Kritik der orientalistischen Auffassung der falsafa-Tradition
Abstract
Zerrin Kortuğlu, die an der Ägäis-Universität in Izmir lehrt, analysiert die ganz grundlegende Frage, was “islamische Philosophie” eigentlich sei. Sie zeigt, dass ein Begriffskonstrukt wie “islamische Philosophie” zu vielen Missverständnissen führt, da hier Philosophie als nur im Rahmen von Religion tätig zu sein scheint, also eher Theologie als Philosophie ist. Dies wird aber weder der gegenwärtigen Philosophie gerecht, noch der falsafa-Tradition, der arabischen Philosophie des Mittelalters. Ein orientalisches Verständnis, das diese Tradition entweder nicht als echte Philosophie anerkennt oder auf Theologie reduziert, lehnt Kortuğlu ab. Anhand des Philosophen al-Farabi zeigt sie, das die falsafa keinen wesenhaften Zusammenhang mit der islamischen Offenbarung hat, sondern vielmehr eine Tradition ist, die Philosophie in platonischer und aristotelischer Manier als Wahrheitssuche definiert. Falsafa ist lediglich insofern “islamisch”, als sie in der islamischen Welt entstanden ist und diese historisch-kulturelle Erfahrung in Begriffe fasst. Zur Vermeidung solcher Missverständnisse schlägt Kortuğlu vor, statt “islamische Philosophie”, eher die Bezeichnung “Philosophie in der islamischen Welt” zu verwenden.