Leonard Nelson und die Naturwissenschaften

In Berger Armin, Schroth Jörg & Raupach-Strey Gisela (eds.), Leonard Nelson – ein früher Denker der analytischen Philosophie? Ein Symposium zum 80. Todestag des Göttinger Philosophen, Berlin [u. a. pp. 169–191 (2000)
  Copy   BIBTEX

Abstract

Naturwissenschaften, Mathematik und Logik waren für Nelson von zentraler Bedeutung. Er pflegte bereits als Jugendlicher intensive Kontakte zu Naturwissenschaftlern und Mathematikern. Dadurch erhielt er Anregungen, die von Anfang an seine philosophischen Ansätze beeinflussten. Inspiriert von der Kant-Fries’schen Philosophie und der Axiomatik der Mathematik, konzipierte Nelson seine Philosophie als exakte Wissenschaft. Wie Kant und Fries betrachtete Nelson die Suche nach den allgemeinen Prinzipien der Naturwissenschaften als Hauptaufgabe der Naturphilosophie. Ergebnis dieser kritischen Analyse ist ein System von metaphysischen Grundsätzen der Naturwissenschaft. Nelson übernimmt Kants Lehre von den Grundsätzen des reinen Verstandes. Keine empirisch gefundene Gesetzmäßigkeit könne diesen Grundsätzen widersprechen. Für die Gesetze der Newton’schen Mechanik hätten, so meint Nelson, Kant und Fries diesen Nachweis erbracht. Deshalb formulierte Nelson das sogenannte Postulat der Mechanistik, gemäß dem alle Naturerscheinungen auf mechanische Vorgänge zurückgeführt werden können. Das starre Festhalten an diesem Postulat veranlasste ihn zur Ablehnung bedeutsamer physikalischer Konzeptionen (z. B. des auf der Elektrodynamik basierenden Relativitätsprinzips, des Nahwirkungskonzepts und des Atommodells). Das „Relativitätsprinzip der Elektrodynamik“ lehnte er mit dem Argument ab, es verhindere die Anwendung der dritten Analogie der Erfahrung, da es den Verzicht auf den Begriff der Gleichzeitigkeit von Naturerscheinungen erzwinge. Eine kritische Nelson-Rezeption muss der Historizität etlicher Thesen Nelsons Rechnung tragen, aber zugleich die Bedeutsamkeit von Kernaussagen Nelson’scher Naturphilosophie im Hinblick auf die modernen Naturwissenschaften untersuchen. Das ist auch die Zielrichtung des vorliegenden Beitrages. Der erste Teil beleuchtet Nelsons wissenschaftliches Umfeld. Einerseits wird untersucht, welche Wissenschaftler Nelson beeinflussten, andererseits soll dargestellt werden, welcher Personenkreis an der Fortentwicklung der Nelson’schen Naturphilosophie beteiligt war. Beispielhaft sollen daran anschließend zwei Themenbereiche aus seinem reichhaltigen Werk disktiert werden, denen besonders im Hinblick auf aktuelle philosophische Diskussionsschwerpunkte Bedeutsamkeit zukommt. Im zweiten Teil werden nämlich Nelsons Betrachtungen zum Verhältnis von Freiheit und Naturnotwendigkeit sowie seine Unterscheidung zwischen wissenschaftlicher und ästhetischer Naturbetrachtung besprochen. Der Beitrag beansprucht nicht, die Rezeptionssgeschichte und den Inhalt von Nelsons Naturphilosophie sowie die aktuelle Bedeutsamkeit seiner Thesen im Detail darzustellen aufzuarbeiten. Vielmehr geht es darum, Ansätze für eine zeitgemäße Interpretation Rezeption aufzuzeigen und anhand von Beispielen zu erörtern.

Links

PhilArchive

External links

  • This entry has no external links. Add one.
Setup an account with your affiliations in order to access resources via your University's proxy server

Through your library

Similar books and articles

Die Kritische Ethik bei Kant, Schiller und Fries.Leonard Nelson - 1914 - Revue Philosophique de la France Et de l'Etranger 78 (3):372-373.
Nelson, Leonard, Die kritische Ethik bei Kant, Schiller und Fries. [REVIEW]Kurt Sternberg - 1923 - Société Française de Philosophie, Bulletin 28:142.
Karl popper’s debt to Leonard Nelson.Nikolay Milkov - 2012 - Grazer Philosophische Studien 86 (1):137-56.

Analytics

Added to PP
2015-09-12

Downloads
446 (#42,260)

6 months
53 (#81,172)

Historical graph of downloads
How can I increase my downloads?

Author's Profile

Kay Herrmann
Chemnitz University of Technology

Citations of this work

Add more citations

References found in this work

Traktat über kritische Vernunft.Hans Albert - 1968 - Tübingen,: Mohr (Siebeck).
Wissen, glaube und ahndung.Jakob Friedrich Fries (ed.) - 1931 - Göttingen,: Verlag ʻʻÖffentliches lebenʾʾ.

Add more references