Carl Schmitt und die Lehre vom Katechon

(1996)
  Copy   BIBTEX

Abstract

Carl Schmitt ist sicher einer der einflußreichsten, aber auch einer der umstrittensten politischen Denker unseres Jahrhunderts. Seines Engagements in der NS-Diktatur wegen jahrelang verfemt und nur untergründig rezipiert, erfährt sein Werk seit einiger Zeit eine - politisch oft nicht unproblematische -Renaissance. Eine Vielzahl von Veröffentlichungen beschäftigt sich mit allen möglichen Facetten seines thematisch breit angelegten Denkens. Schmitts Ausführungen zum Staats- und Völkerrecht, zur Rechtsphilosophie, Literatur, Politik und - nicht zuletzt - "politischen Theologie" werden mit großem Interesse kommentiert und bezüglich ihrer Gegenwartsrelevanz diskutiert.Eine der rätselhaftesten Stellen des Neuen Testaments ist ohne Zweifel das Paulus-Wort über den bzw. das Katechon in dem zweiten Brief an die Thessalonicher. Im Verlauf der Jahrhunderte hat sich eine Fülle von Deutungen ergeben, und noch heute bemühen sich Theologen und Philologen um die einzige wirklich vernünftig-logische Entschlüsselung des Rätsels. Die meisten dieser "Lösungen" können eine Vielzahl guter Gründe für sich reklamieren - ein Umstand, der das Problem nicht unbedingt vereinfacht.Was hat eine reichlich mysteriöse Stelle des Neuen Testamentes mit Carl Schmitt zu tun? In der Literatur wird immer wieder darauf hingewiesen, daß Schmitt den Begriff "Katechon" wiederholt verwendet. Es fehlt allerdings bisher eine genauere Untersuchung zur Frage, wie und warum er den Begriff aufnimmt. Diese Lücke möchte die vorliegende Arbeit schließen.Da heute selbst in bibelfesten Kreisen nur sehr wenige zum Katechon etwas zu sagen wissen, geht es in einem ersten Schritt darum, den Leser mit der biblischen Grundlage und der Geschichte des Begriffs bekanntzumachen. Den Ausgangspunkt bildet dabei natürlich die Darstellung von 2. Thessalonicher 26.1. Ausführungen über das Obrigkeitsverständnis im Neuen Testament schaffen die Voraussetzung, um die Enstehung der mit Abstand einflußreichsten Deutung des Begriffs - Rom bzw. das römische Reich als Katechon - zu beschreiben.Vor diesem Hintergrund werden wir uns in einem zweiten Schritt der Verwendung des Begriffs in verschiedenen Werken von Carl Schmitt zuwenden. Dabei interessiert uns vor allem, was für Schmitt den besonderen Reiz des Katechons ausmacht. Was leistet der Begriff, was andere Begriffe nicht leisten? Ermöglicht er die klarere, präzisere Fassung eines bestimmten Sachverhalts? Läßt er bestimmte Phänomene überhaupt erst ins Blickfeld treten? Oder geht es bloß um den fremden Klang des Wortes, den Verfremdungseffekt für einen ansonsten mit üblichem Vokabular hinlänglich genau zu beschreibenden Umstand? Spielt die historische "Tiefendimension" des Begriffs eine Rolle? Verwendet Schmitt ihn immer im selben Sinn, oder lassen sich Unterschiede feststellen? Um diese Fragen zu beantworten, werden alle einschlägigen Stellen in chronologischer Reihenfolge vorgestellt und analysiert. Den Schluß der Arbeit bildet der Versuch, die Ergebnisse im Denken Carl Schmitts zu verorten.

Links

PhilArchive



    Upload a copy of this work     Papers currently archived: 91,881

External links

Setup an account with your affiliations in order to access resources via your University's proxy server

Through your library

Similar books and articles

Anmerkungen zu Carl Schmitts Dezisionismus.Manuel Nodoushani - 2010 - Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie 96 (2):151-165.
Carl Schmitt and Giorgio Agamben.Federico Luisetti - 2011 - Journal of Philosophy of Life 1:49-58.
Carl Schmitt: politics and theory.Paul Gottfried - 1990 - New York: Greenwood Press.
Carl Schmitt: The End of Law.William E. Scheuerman - 1999 - Rowman & Littlefield Publishers.
Singularity and Repetition in Carl Schmitt’s Vision of History.Matthias Lievens - 2011 - Journal of the Philosophy of History 5 (1):105-129.
The katechon in the age of biopolitical nihilism.Sergei Prozorov - 2012 - Continental Philosophy Review 45 (4):483-503.
Gloomy Observations about the Political Present.Paul Gottfried - 2008 - Telos: Critical Theory of the Contemporary 2008 (142):185-192.

Analytics

Added to PP
2015-02-02

Downloads
9 (#1,253,837)

6 months
1 (#1,471,470)

Historical graph of downloads
How can I increase my downloads?

Citations of this work

Should Law Keep Pace With Technology? Law as Katechon.Vasilis Kostakis & Wolfgang Drechsler - 2014 - Bulletin of Science, Technology and Society 34 (5-6):128-132.

Add more citations

References found in this work

No references found.

Add more references