Psyche 75 (4):318-350 (
2021)
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Abstract
Hass wird in der Arbeit als eine anhaltende affektive Gesinnung verstanden, die auf eine erlebte Kränkung oder Ungerechtigkeit zurückgeht und auf Rache an ihrem Urheber, in extremen Fällen auf die Vernichtung des Feindes gerichtet ist. Die Dynamik und Radikalität insbesondere des malignen Hasses resultiert, so die These des Autors, aus einer Affektretention, die durch die selbst empfundene Schwäche oder Ohnmacht des Hassenden bedingt ist. Durch diesen Rückstau wird der Hass demnach in der Latenzphase immer weiter genährt, bis er schließlich in akute destruktive Handlungen umschlagen kann. Als charakteristische Struktur des Hasses wird dabei eine Dialektik von Selbststeigerung und Selbstdestruktivität mit fortschreitender Entleerung des Selbst herausgearbeitet. Diese individuelle Dynamik findet sich in oft potenzierter Form im Hass von Gruppen wieder. Der Autor untersucht die Phänomenologie des Hasses und die daraus resultierende Form von Destruktivität anhand literarischer Beispiele, psychischer Störungen und gesellschaftlicher Phänomene.