Der böse Eros: Emily Brontё’s philosophisches Konzept der Liebe im Roman „Sturmhöhe“
Abstract
Die im England der viktorianischen Zeit gebürtige Pfarrerstochter Emily Brontё, als jüngste der schriftstellernden Brontё-Schwestern, gilt als ein literarisches Genie. Ihr Ersterfolg Wuthering heights , den sie 1847 im Alter von nur 30 Jahren verfasste, ist ein Meisterwerk des modernen Romans mit einer ausgeprägten Referenz- und Wirkgeschichte bis zum heutigen Tag. Für Slavoj Žižek ist dieser Roman insbesondere deshalb modern, weil er erzählerische Lücken aufweist und somit die Geschlossenheit der klassischen Erzählstruktur aufbricht. Doch die Unabgeschlossenheit kann nicht der Hauptfaktor der Modernität sein; dieser liegt vielmehr in der psychologischen Analyse des Bösen. Dieser Meinung ist auch Georges Bataille, der in Brontё’s Roman die dunkle Seite der Liebe so brillant verkörpert sieht wie in keinem anderen Werk der Weltliteratur. Auch Martha Nussbaum erkennt 2001 in Wuthering heights in erster Linie die Verbindung von Sexualität und Gewalt, die auch Bataille erkennt, nicht aber die Problematik des ihr zu Grunde liegenden philosophischen Konzepts der Liebe. Offenbar geht es jedoch in dieser düsteren Geschichte um Inzest, Sadismus und Sinnverlust, nicht in erster Linie um die so genannte „dunkle Seite der Liebe“, wie Bataille glaubt, oder um die Problematisierung möglichen Sadismus , also um zwischenmenschliche Belange im Fall des Scheiterns, sondern diese Seite wird vielmehr zur Illustration des Bösen und somit eines metaphysischen Systems verwendet. Dieses metaphysische System ist eine Umkehrung der christlich-platonischen Auffassung von Liebe als Erkenntnishilfe. Der folgende Essay soll verdeutlichen, wie diese Umkehrung geschieht – und womöglich warum. Emily Brontё, the youngest of the Brontё-sisters, is pretended to be a writing genius of the Victorian era. Her first work Wuthering heights remains an irresistible well of psychological and philosophical insights, given high recommendation until today, especially in its categorization as a “modern” roman. As for Slavoj Žižek, the “modernity” of this work lies within its disintegration and its emancipation from the classic writing structure. But on the hand of philosophical hints given in this work, there is much more to detect than rather formal aspects. Georges Bataille shares this opinion and understands Brontё’s masterpiece as a monument of the description of what he calls the “dark side of love”. Martha Nussbaum agrees with this point of view and traces the association of love and violence – of love as violence, to be precise – but she rather neglects the underlying philosophical concept of love. Most obviously, this gloomy history about incest, sadism and hopelessness deals not with what is called the dark side of love alone, how Bataille puts it, or with failed attempts towards partnership, as Nussbaum believes, but more radically with a rupture within a continuity of the philosophical concept of love the western world traditionally held. In Wuthering heights, the ancient platonic-christian definition of love as a means to deeper understanding of the world is turned upside-down. This essay will show how and possibly why this revolutionary sight takes place