Hermes 136 (3):326-347 (
2008)
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Abstract
Die „Wahl“ des jungen P. Cornelius Scipio zum Prokonsul in Spanien im Frühjahr 210 - mitten im Hannibalischen Krieg - stellt in der römischen Geschichte in mehrfacher Hinsicht eine Einmaligkeit dar: Nur hier wird eigens ein Promagistrat für einen außeritalischen Kriegsschauplatz vom Volk direkt gewählt, zudem ein Amtloser, der keinerlei Erfahrung in der Führung von Legionen hat. Zuerst ist die früheste Quelle für diesen Vorgang, Livius, auf ihren historischen Gehalt zu untersuchen (I). Die dortigen staatsrechtlichen Unwahrscheinlichkeiten empfehlen eine Analyse der späteren Berichte des Silius Italicus, des Appian und des Cassius Dio/Zonaras (II). Deren Abweichungen von Livius deuten auf die Existenz einer Ursprungsversion von Scipios „Wahl“, deren inhaltliche Hauptlinien, Tendenz und sogar vermutlicher Autor sich durch einen Vergleich der Parallelberichte rekonstruieren lassen (III). Dabei hilfreich ist die Einbeziehung zweier anderer Fragmente aus Cassius Dio über Scipio, die ebenfalls auf denselben Autor zurückgehen könnten (IV). Die Entstehungsbedingungen und Motive dieser rekonstruierten Ursprungsversion werden insbesondere im Umfeld von Pompeius’ Imperien gegen die Piraten und Mithridates gesucht (V). Weiteren Aufschluß bietet auch die Klärung der Frage, welchen Rang M. Iunius Silanus, der Mitfeldherr des Scipio in Spanien, einnahm (VI). Schließlich verhilft Ciceros Verschweigen von Scipios „Wahl“ dazu, einen terminus post quem für die Verbreitung der rekonstruierten Ursprungsversion zu bestimmen (VII).