Psyche 77 (7):624-651 (
2023)
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Abstract
Der Aufsatz untersucht die wenig behandelte Echnaton-Studie von Karl Abraham, eine frühe Arbeit zur angewandten Psychoanalyse. Kritisch wird beleuchtet, wo Irrtümer und Schwächen in der Darstellung des altägyptischen Pharaos liegen. Gründe dafür sieht der Beitrag im theoriegeleiteten Denken sowie selbstanalytischen Anteilen Abrahams; diese werden als allgemeine Probleme psychoanalytischer Biographik diskutiert. Abrahams Arbeit wird dann als wichtiger psychoanalytischer Beitrag gewürdigt, weil hier neue Sichtweisen auftauchten, die Impulse für die weitere Theorieentwicklung Abrahams gegeben hätten, von Nachfolgern aufgegriffen worden seien und heute zum Bestand psychoanalytischer Theorien gehörten. Anhand von Freuds Kritik geht es um das Verhältnis von Neurose und Leistung, um die Ambivalenz in ödipalen Beziehungen sowie um manische Züge in Charakter und Religion des Pharaos, die Abraham vor dem Hintergrund einer kurz zuvor erstellten ersten Theorie der Manie habe beschreiben können. In der wissenschaftlichen Korrespondenz von Freud und Abraham deuteten sich in dieser Zeit erste Differenzen an, wobei es nie zu einem Bruch zwischen beiden kam.