Abstract
Ursprünglich wurde das Menschenbild der Psychoanalyse als revolutionäre Neuerung gefeiert. Es prägte das Selbstbild der Moderne nachhaltig. Beispielsweise nutzten die Surrealisten, die Sozial- und Kulturwissenschaften, aber auch die 68er-Bewegung psychoanalytische Argumente für ihre Anliegen. Seit den 1990er-Jahren jedoch hat die Präsenz der Psychoanalyse im öffentlichen Diskurs, an den Universitäten und im Gesundheitswesen stetig abgenommen. Im Zeichen von Globalisierung und Digitalisierung stehen postmoderne und radikalkonstruktivistische Theorien im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Doch auch das starre Festhalten an einem veralteten und pessimistischen Menschenbild hat dazu geführt, dass der Beitrag der Psychoanalyse zum heutigen Menschenbild kaum noch geschätzt wird. Der Artikel zeichnet diese historische Entwicklung nach und zeigt mögliche Auswege aus dieser Sackgasse auf.