Abstract
Ernst Troeltschs Analysen einer Familien- und Ehe- bzw. Sexualethik einzelner historischer Ausprägungen des Christentums weisen die normativen Bedenken, die sein Werk “Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen” prägen, aus. Im Zuge der Beschreibung der Anschauungen von Geschlecht und Familie, die den jeweiligen Idealtypus von Kirche, Sekte und Mystizismus charakterisieren, untersucht Troeltsch zugleich auch eine zeitgenössische christliche Konzeption von Gleichheit und Ungleichheit, während er konkurrierende Modelle sozialer Beziehung und Organisation kritisch in den Blick nimmt. Zudem sind Troeltschs Gedanken die geschlechterspezifischen Dimensionen eines jeden Idealtypus betreffend von zentraler Bedeutung für eine exakte Bestimmung seiner soziologischen Kategorien und typologischen Unterscheidungen. Sie verdienen darum nicht bloß genauere Beachtung, sondern sind notwendig, will man die gelehrten und politischen Debatten, die Troeltsch als Historiker und Kulturtheoretiker beeinflußten, verstehen.