Abstract
Das Xργον-Argument, das Aristoteles selbst als das Kernstück bei der Bestimmung des gelingenden Lebens ansieht, findet sich in variierter Form sowohl in der Nikomachischen Ethik als auch in der Eudemischen Ethik. Die vorliegende Abhandlung rekonstruiert zuerst skizzenartig die beiden Argumentationsgänge zwecks Akzentuierung der an der Oberfläche der Argumentation sichtbaren Unterschiede. Diese Unterschiede werden anschließend darauf hin untersucht, ob sie Ausdruck einer genuin divergenten Tiefenstruktur der Argumente und ihrer Voraussetzungen sind, oder ob sie sich doch auf ein geteiltes Grundverständnis zurückführen lassen. Im Zentrum der Analyse stehen die Bedeutung und Funktion zentraler Grundbegriffe wie Xργον, τXλειον und áρετh sowie die daraus resultierende Interpretation der beiden εbδαιμονiα-Bestimmungen zum Abschluß der Argumente. Auf der Basis dieser Ausführungen wird entgegen der in der Forschung vorherrschenden dissoziierenden Interpretation der beiden Xργον-Argumente für eine unifizierende Lesart plädiert; aus dieser Interpretation werden abschließend einige Schlußfolgerungen für die Voraussetzungen eines adäquaten Verständnisses der aristotelischen εbδαιμονiα in toto gezogen