Abstract
Zusammenfassung. Der Fortschritt in der Fortpflanzungs- und Pränatalmedizin erweitert die Verantwortlichkeit des Arztes im Bereich der Zeugung und Geburt. Eine fehlerhafte Diagnose oder ein Kunstfehler konfrontiert den Juristen mit einem Problemfeld, in das ethisch-moralische Anschauungen hineinwirken. Die Gerichtspraxis sieht sich diesen besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt, wenn darüber zu entscheiden ist, ob der Arzt bei der Geburt eines unerwünschten oder erbgeschädigten Kindes für den Ersatz der Unterhaltskosten haftet. Zunächst wird die Rechtsprechung und die Debatte um den Anspruch der Eltern für ein planwidriges Kind (”wrongful birth”) dargestellt und die ethisch motivierte Argumentation gegen eine Arzthaftung kritisch gewürdigt. Sodann wird der Anspruch eines erbgeschädigten Kindes gegen den Arzt (”wrongful life”) behandelt und festgestellt, daß die Rechtsprechung in diesem Fall die Arzthaftung ungerechtfertigt verneint. Der Beitrag soll aufzeigen, daß ethische Ansatzpunkte in beiden Konstellationen unsachgemäß und unangemessen sind.