Axel Honneths Neubegründung der kritischen Gesellschaftstheorie: Die kritische Theorie der Anerkennung
Abstract
In der gegenwärtigen Debatte um Kritik und spezifischer um verschiedene Begründungsformen der kritischen Theorie spielt die kritische Theorie der Anerkennung, wie sie von Axel Honneth über die letzten 25 Jahre entwickelt worden ist, eine zentrale Rolle. Diese Theorie soll im vorliegenden Beitrag vorgestellt werden. Um den Aufbau und die Funktionsweise dieser Theorie richtig zu verstehen, ist es unabdingbar, sich zunächst zu vergegenwärtigen, wie sich Honneth in der Tradition der kritischen Gesellschaftstheorie positioniert, also innerhalb jenes Theorieprojekts, das seine Wurzeln bei Hegel und Marx findet und durch Horkheimer in den 1930er Jahren Programm geworden ist. Nach der Lesart, die ich vertreten möchte, entwickelt Honneth seine Anerkennungstheorie vor dem Hintergrund eines wahrgenommenen Scheiterns der ersten und zweiten Generation der Frankfurter Schule an der methodischen Anforderung einer immanenten Kritik, die für das Projekt einer kritischen Gesellschaftstheorie definierend ist. Beides – die methodische Anforderung einer immanenten Kritik, wie sie Honneth begreift, und das Scheitern, das Honneth bei Horkheimer, Adorno und Habermas wahrnimmt – wird Gegenstand des ersten Teils (1) dieses Beitrags sein. „Anerkennung“ wird von Honneth als der Begriff eingeführt, mit dem das Kernproblem einer kritischen Gesellschaftstheorie gelöst werden soll. Mit dem Begriff der Anerkennung soll es nämlich, wie wir im zweiten Teil (2) eingehender nachvollziehen werden, möglich sein, Zugang zu konkreten Ansprüchen auf Befreiung zu finden, die von der Gesellschaft geschaffen und zugleich verletzt werden. In einer Diskussion ideologischer Anerkennung werde ich zuletzt (3) mögliche Grenzen der kritischen Theorie der Anerkennung Honneths aufzeigen, die sich unmittelbar aus dem Erbe der Frankfurter Schule, wie Honneth es begreift, ergeben.