Abstract
Die begriffliche Unterscheidung von Natur und Kultur sowie die Deutung von Kultur als einer zweiten Natur des Menschen sind von systematischer Bedeutung für die Kulturtheorie Georg Simmels. Um den Nebensinn der zweiten Natur als einer bloßen Gewohnheit, die man auch ablegen könnte, nicht zu evozieren, verwendet Simmel selbst den Ausdruck zweite Natur nicht, bewegt sich aber in einer bestimmten Theorietradition, die diesen auf Cicero zurückgehenden Ausdruck programmatisch adaptiert. Von einer Theorie des objektiven Geistes in der Nachfolge von Moritz Lazarus ausgehend, entwickelt Simmel eine Kulturphilosophie, in deren Zentrum die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem individuellen Lebensvollzug des Einzelnen und den ihn umgebenden und herausfordernden kulturellen Objektivationen steht.