Abstract
Die Idee der Toleranz führt in unserer liberalen Gesellschaft eine Art Doppelleben. Einerseits gibt es einen breiten öffentlichen Konsens darüber, dass Toleranz eine gute Sache ist. Andererseits haben die begrifflichen und normativen Paradoxien, die dem Toleranzkonzept offenbar inhärent sind, in der politischen Philosophie für Verwirrung gesorgt. In dieser Abhandlung verteidige und spezifiziere ich die Auffassung, dass Toleranz eine Kombination aus Ablehnung und Akzeptanz beinhaltet. Ich fokussiere mich vor allem auf die Akzeptanzkomponente, die bislang vernachlässigt worden ist. Diese Vernachlässigung erklärt einen Großteil der Verwirrung, für die das Konzept der Toleranz gesorgt hat. Wenn wir einsehen, dass Akzeptanz den Verzicht auf besonders grausame oder gemeine Arten der Intervention meint, sollte klar sein, warum Toleranz moralisch geboten ist. Ich schließe mit einigen methodologischen Ausführungen dazu, wie die Toleranzproblematik angegangen werden sollte und wie nicht.