Abstract
In einer vereinzelten Anmerkung in den Bemerkungen über die Grundlagen der Mathematik scheint Wittgenstein die Existenz synthetischer Urteile a priori anzunehmen und damit ein entscheidendes Element der rationalistisch-transzendentalen Tradition. Ich argumentiere für eine Weise, in der sich diese Bemerkung in den größeren Zusammenhang von Wittgensteins Nachdenken über Mathematik einbettet, sowie für den kohärenten erkenntnistheoretischen Sinn, den sie unabhängig davon hat. Tatsächlich weist dieser weit über den Bereich bloß mathematischer Urteile hinaus. Beginnend mit einem empirisch-syntaktischen Begriff von Urteil, argumentiere ich, dass die relevanten Urteile a priori darin sind, dass sich unsere Erfahrungen ihnen gegenüber verantworten und nicht umgekehrt die Urteile vor der Erfahrung. Sie sind gleichwohl synthetisch darin, dass sie nicht aus der Analyse von Begriffen allein entstehen und extern bedingt sind. Dass derlei Urteile in einem relevanten Sinne weder begründbar noch wahr-oder-falsch sind, scheint wie eine natürliche Konsequenz dessen, dass sie der inhärenten Struktur des menschlichen Geistes, und damit der menschlichen Natur, entspringen