Grundriss der transzendentalen Logik

Cuxhaven: Junghans (1992)
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Abstract

Die spekulative Frage, wie das Denken sich und somit ein Selbst denken kann, ist die prinzipientheoretische Grundfrage der Philosophie. In ihr ist auch die transzendentale Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit des Denkens eines Gegenstandes überhaupt enthalten. Wie sie darin enthalten ist und inwiefern die transzendentale Fragestellung auf die spekulative verweist und ihrer bedarf, wird im Anschluß an Kant zu zeigen sein, denn die spekulative Frage ist nicht die Ausgangsfrage Kantens. Kant geht aus von der Antinomie von empiristischem Skeptizismus und ontologischem Dogmatismus und spielt sie an der Differenz von Ding und Denken durch, die dieser Antinomie zugrundeliegt. Die Ontologie wird darum von ihm belehrt, daß sie das Gedankending nicht mit dem Gegenstand der Erfahrung und das Denken nicht mit dem Erkennen verwechseln dürfe. Der Empirismus wird hingegen belehrt, daß die Gegen-stände der Erfahrung und ihre Zusammensetzungen kein Gegebenes, sondern ein vom Denken mit Bezug auf das Anschauungsmaterial Gemachtes sind. Die Differenz von Ding und Denken bleibt solcherart in Kants transzendentaler Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit des Denkens eines Gegenstandes überhaupt aufbewahrt. Sie macht sich in Kants Antworten auf diese Frage aber auch geltend und bleibt als bloße Differenz von Verstandesspontaneität und rezeptiver Sinnlichkeit der blinde Fleck, um den seine Argumentationen kreisen. Die ersten vier Kapitel des vorliegenden Buches folgen diesem Kreisgang der Kantischen Beweisführung. Das Beweisziel: die transzendentallogische Entdeckung der Formen des Denkens eines Gegenstandes überhaupt, versuchen die Kapitel 5 und 6 einzulösen, indem - im Gegensatz zur ‚exoterischen‘ Lehre Kantens und zur nach-idealistischen Standardinterpretation des Kritizismus - die Vereinbarung von transzendentalem Idealismus und empirischem Realismus nicht in einem Apriori gesucht wird, das schlechterdings mit dem ‚Verstande‘ zu identifizieren wäre, sondern das gegenstandskonstitutive Verstandesapriori vielmehr aus ursprünglichen - die Differenz von Verstand und Sinnlichkeit allererst ermöglichenden - Weisen der Synthesis entwickelt wird. Diese genetische Grundlegung des Apriori ist anhand der Prinzipien der klassischen Logik und einer Analyse des Seinssinnes der Kopula “ist” als transzendentallogische Differenzierung der Urteilssynthesis durchzuführen und mit Bezug auf die Gegebenheitsweisen Raum und Zeit durch eine korrespondierende transzendental-phänomenologische Analyse zu vervollständigen. Da das genetische Apriori aber nicht unmittelbar, sondern nur vermittels der reflexiv-synthetischen Bewußtseinsstruktur auf die Kantischen Gegenstandskategorien bezogen werden kann, bleibt in Fortführung des Nachweises der Vollständigkeit der Kantischen Kategorientafel die spekulative Frage zu beantworten, wie Synthesis (Vermittlung) und damit das Denken selbst zu denken ist. Dieser Aufgabe und den damit untrennbar verbundenen Problemen der Verhältnisbestimmung von transzendentaler und formaler Logik, sowie von regulativer und konstitutiver Apriorität, sind die letzten vier Kapitel gewidmet, wobei in diesem Problemzusammenhang der Begriff der Transzendentalphilosophie in Auseinandersetzung mit einigen ihrer vor- und nach-kantischen Positionen noch näher zu klären sein wird. Wollte man das Ergebnis dieser Klärung vorweg zusammenfassen, dann ließe sich in Abwandlung eines oft zitierten Kantischen Satzes sagen, daß die transzendentale Logik seit Platon keinen Schritt rückwärts und mit Kant erst einen Schritt vorwärts hat tun dürfen und folglich schon von den ältesten Zeiten her nahezu vollendet sei. Vordergründig betrachtet, relativiert dieses Resultat den historischen Anspruch, den Kant an seine ‚Revolution der Denkungsart‘ geknüpft hat, es bekräftigt dafür jedoch um so mehr den systematischen Anspruch, den die Transzendentalphilosophie als Prinzipientheorie erheben und auch einlösen muß.

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