Abstract
Die von Aristoteles so genannte praktische Wahrheit besteht nach ihm in der Übereinstimmung des praktischen Verstandes mit dem richtigen Streben, d. h. darin, daß die Mittel, die jemand nach dem Urteil seines praktischen Verstandes zur Erreichung eines bestimmten Zieles wählen soll, die richtigen Mittel zur Erreichung des richtigen Zieles sind. Da man nicht nur das, was ein praktisches Urteil demjenigen, der es sich bildet, zu tun vorschreibt, sondern auch das, was jemand, der sich ein theoretisches Urteil bildet, damit tut, als eine Handlung betrachten kann, läßt sich die Art und Weise, in der Aristoteles den Begriff der praktischen Wahrheit bestimmt, für ein besseres Verständnis derjenigen Wahrheit fruchtbar machen, die einem wahren theoretischen Urteil zukommt. Man kann nämlich sagen, daß ein solches Urteil genau dann im theoretischen Sinne wahr ist, wenn das praktische Urteil, dem zufolge man es sich bilden soll, im praktischen Sinne wahr ist. Die Wahrheit einer Aussage, wie man ein theoretisches Urteil gewöhnlich nennt, besteht somit darin, daß die betreffende Aussage als ein Mittel, mit dem man das Ziel, die Wirklichkeit in einer bestimmten Hinsicht so zu beschreiben, wie sie ist, erreichen will, mit derjenigen Aussage übereinstimmt, mit der man dieses Ziel tatsächlich erreicht