Abstract
ZusammenfassungDie öffentliche Diskussion um die „personalisierte Medizin“ legt nahe, dass mit diesem medizinischen Ansatz hohe Erwartungen an einen Beitrag zur klinischen Versorgung verbunden werden. Über die Wahrnehmungen und Bewertungen klinisch tätiger Ärzte ist jedoch wenig bekannt. Die vorliegende qualitative Interviewstudie gibt einen Einblick bezüglich des Einflusses „personalisierter Medizin“ auf die klinische Praxis aus ärztlicher Perspektive. Die Ärzte im vorliegenden Sample nehmen „personalisierte Medizin“ zwar als einen medizinischen Fortschritt wahr, sehen allerdings keine grundsätzliche Veränderung der bisherigen medizinischen Praxis. Als zentrales Problem wird die Handhabung und Verwertung von molekulargenetischen Informationen für Diagnose und Therapie in der klinischen Praxis thematisiert. In Anbetracht der Ergebnisse muss infrage gestellt werden, ob „personalisierte Medizin“ nicht das Gegenteil von dem, was ihr Name nahe legt – eine personenorientiertere Medizin – bewirkt. Die Strategien im Umgang mit den Informationsmassen produzieren selbst neue Herausforderungen, die ein Hindernis für eine personenorientierte Medizin darstellen könnten.