Gesundheitliche Vorausverfügungen und die Zeitstruktur guten Lebens

Ethik in der Medizin 34 (2):239-255 (2022)
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Abstract

Patientenverfügungen und andere Arten gesundheitlicher Vorausverfügungen wie Advance Care Planning und in gewisser Hinsicht auch Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen schließen evaluativ gehaltvolle Annahmen und Werturteile über den weiteren Verlauf des eigenen Lebens ein, die sich als mehr oder weniger angemessen erweisen können und daher einer ethischen Klärung und Reflexion bedürfen. Der Beitrag geht der Frage nach den Grundlagen dieser Annahmen und Urteile nach und argumentiert, dass für ihre Analyse eine strebensethische Perspektive auf Vorstellungen eines guten Lebens in der Zeit besonders geeignet ist. Dazu geben wir zunächst einen kurzen Überblick über die empirische Forschung zu Einflussfaktoren bei der Abfassung gesundheitlicher Vorausverfügungen, insbesondere der Bedeutung von individuellen Wertvorstellungen und Lebensorientierungen. Im nächsten Schritt wenden wir uns vor diesem Hintergrund der Bewertung von Lebensqualität im Lebensverlauf zu. Wie sich dabei zeigt, verweisen die betreffenden Werturteile in mehrfacher Hinsicht auf umfassendere Vorstellungen eines guten Lebens und seines zeitlichen Verlaufs. Daher nehmen wir im Anschluss die Frage des guten Lebens in der Zeit in den Blick und arbeiten typologisierend unterschiedliche Vorstellungen heraus, an denen sich die Implikationen der zeitlichen Erstreckung und Verlaufsstruktur guten Lebens für gesundheitliche Vorausverfügungen deutlich machen lassen. Der Aufsatz formuliert so nicht nur wichtige Perspektiven für eine eingehendere empirische Erforschung evaluativer Aspekte der Abfassung gesundheitlicher Vorausverfügungen. Die Klärung der Bedeutung der Zeitstruktur guten Lebens für solche Verfügungen eröffnet auch einen theoretischen Zugang zu den grundlegenden strebensethischen Fragen, mit denen sich die Betroffenen innerhalb des Rahmens des sollensethisch gut begründeten, gesellschaftlich weithin anerkannten und gesetzlich abgesicherten Rechtes auf ein selbstbestimmtes Sterben konfrontiert sehen.

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