Abstract
Es gibt zwei Versionen von Naturalismus in der Ethik: Der erste (Praktischer Naturalismus I) behauptet, daß jeder praktische Satz (der eine Norm oder ein Werturteil ausdrückt) äquivalent zu einem deskriptiven Satz ist. Der zweite (Praktischer Naturalismus II) sagt, daß die Gültigkeit von praktischen Sätzen ausschließlich von kontingenten empirischen Tatsachen abhängt. Um scharf zwischen diesen beiden Versionen zu unterscheiden, wird der Begriff der praktischen Gültigkeit eingeführt und in einer Form definiert, die sich radikal von Tarskis Konvention T unterscheidet. Die erste Version des Naturalismus wird generell als durch die Argumente von Moore und Hare widerlegt angesehen. Die zweite Spielart wurde bislang nicht widerlegt. Es wird versucht zu zeigen, daß der Praktische Naturalismus II, wenn er als radikaler Naturalismus formuliert wird, einen circulus vitiosus oder infiniten Regreß impliziert. Der einzige Weg, dies zu verhindern ist, zumindest ein praktisches Prinzip zuzulassen, dessen GüUigkeit nicht von kontingenten Tatsachen abhängt. Auf diese Weise hängt der Naturalismus in der Ethik von wenigstens einem transzendenten Prinzip ab.