Abstract
Im Aufsatz wird der Versuch unternommen, aus einem externen Blickwinkel dem Gehalt jener Wahrscheinlichkeitskonzeptionen nachzugehen, die von Meinong in Über Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit dargelegt sind. Meinong befaßt sich darin zunächst mit der „objektiven" Wahrscheinlichkeit, die als Grade oder Abstufungen von Möglichkeit Objektiven in „unsubjektiver" Weise zukommt, und stellt ihr dann die eigentliche oder „Vermutungswahrscheinlichkeit" gegenüber, die in Meinongs Sinn insofern subjektiv ist, als sie in der Eigenschaft von Objektiven besteht, durch berechtigte Vermutungen erfaßt werden zu können.Meinongs Reihung folgend wird zunächst die objektive, sodann die subjektive Theorie diskutiert. In beiden Fällen wird zu fragen sein, ob es sich auch nach heutiger Sicht um Wahrscheinlichkeiten im formalen Sinne handelt , weiters, welche Rechtfertigung für die Verteilung von Anfangswahrscheinlichkeiten angeboten wird, wie das Problem der Einzelfallswahrscheinlichkeit behandelt wird etc. Schließlich wird den Fragen nachgegangen, welche Parallelen bzw. welche auffälligen Unterschiede zu den heute üblicherweise besprochenen Interpretationen des Wahrscheinlichkeitskalküls vorliegen und ob Meinong mit seiner Konzeption der Wahrscheinlichkeiten den von ihm selbst bezweckten Zielen gerecht zu werden vermag